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Toast

In Grossbritannien gehört der Toast zu jedem Frühstück. Doch ein Brite ist er nicht: «Toast» kommt vom lateinischen torrere, «dörren» oder «rösten». Tatsächlich wurde Toast längst vor der Erfindung des elektrischen Stroms gegessen. Im alten Ägypten hielt man Brot übers Feuer, um es haltbar zu machen. Das taten auch die Römer, und mit ihnen fand der Toast seinen Weg nach ganz Europa. Mit der Zeit wurde das offene Feuer vom eisernen Kanonenofen abgelöst: Die Brotscheibe wurde an die heisse Aussenwand geklebt – fiel sie von selbst wieder ab, war der Toast fertig. Den elektrischen Toaster gibt es erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts.

Andere Zeiten, andere Vorlieben: Im ausgehenden Mittelalter wurde der Toast zwar geröstet, aber nicht unbedingt gegessen – er diente vor allem dazu, Getränken Geschmack zu verleihen. «Go fetch me a quart of sack; put a toast in’t» – «Geh, hol mir ein Glas Sekt; leg ein Stück Toast hinein», sagt Falstaff in Shakespeares Lustigen Weibern von Windsor. Danach wurde der schlappe Toast schon mal den Hunden vorgeworfen.

Heute dagegen ist die Toastscheibe vom Frühstückstisch nicht mehr wegzudenken. Was ein absolut perfekter Toast ist, hat 2011 nach Tausenden Testscheiben der britische Wissenschaftler Dom Lane herausgefunden: 3 Grad kaltes Weissbrot, 14 Millimeter dick, 900-Watt-Toaster, Stufe 5 von 6, Temperatur 154 Grad. Röstdauer: Genau 216 Sekunden.

Notgroschen

Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, sagt das Sprichwort. Einen Notgroschen auf der Seite zu haben, ist immer gut. Je fetter der Groschen, desto höher sein Wert, und daher kommt auch sein Name. Im französischen Tours wurde im Mittelalter eine Silbermünze geprägt, die im Latein der Zeit denarius grossus hiess, auf Deutsch «fetter Denar». Verbreitet war der grossus auch in Böhmen, wo das «ss» als «sch» ausgesprochen wird. So kam der Grosch nach Deutschland und wurde zum «Groschen».

Notgroschen hat man nicht selten unter dem Haus vergraben, damit sie nicht zur leichten Beute wurden. Geschah das Schlimmste, blieben sie da unentdeckt liegen, und so tauchen bei Bauarbeiten und Grabungen immer wieder sogenannte Hortfunde auf, einst in Lederbeuteln, Holzkassetten oder Tongefässen vergrabene Notgroschen.

Wie sinnvoll es war, einen Notgroschen anzulegen, erkannte im 16. Jahrhundert Julius, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel. Es waren kriegerische Zeiten, und seine beiden Brüder waren in der Schlacht gefallen. Julius liess eigens Münzen prägen, die «Lösetaler» oder «Juliuslöser» hiessen, und befahl, dass jeder Hauseigentümer ein solches Geldstück als Notgroschen einzulösen hatte.

Das hat nichts von seiner Bedeutung verloren. Nach wie vor werden in der Schweiz pro Haushalt und Monat 1700 Franken zurückgelegt – für Wünsche, fürs Alter, und für den Fall der Fälle.

Nagel

Den Nagel auf den Kopf getroffen haben zuallererst die Bogenschützen: In die Mitte von Zielscheiben wurden Nägel eingeschlagen. Prallte der Pfeil vom eisernen Kopf ab, war der Volltreffer für alle gut sichtbar. Den Nagel sollte man tatsächlich immer auf den Kopf treffen, denn sonst tut in der Regel der Finger weh. Und vom Finger kommt auch der Name: «Nagel» stammt vom althochdeutschen «nagal» ab, dem Wort für «Fingernagel» oder «Klaue».

Die ältesten Nägel stammen aus der Jungsteinzeit und waren aus Holz: Bei Leipzig wurde 2005 ein rund 7000 Jahre alter Brunnen entdeckt, dessen Eichenbohlen von langen Holznägeln zusammengehalten wurden. Seit der Eisenzeit kamen die Nägel vom Nagelschmied, und Ende des 18. Jahrhunderts erfanden Tüftler in den USA und England die Herstellung von Nägeln durch maschinelles Zerschneiden spitz zulaufender Blechplatten. Aus Paris stammt ein anderes Verfahren, bei dem seit Anfang des 19. Jahrhunderts Nägel aus Draht geschnitten wurden, weshalb man sie folgerichtig «französische Nägel» oder «Pariser Stifte» nannte.

Heute bestehen Nägel in der Regel aus Stahl. Streicht man mit einem Magneten 10-, 20-mal vom Kopf bis zur Spitze, wird der Nagel magnetisch. Legt man ihn nun auf eine kleine Scheibe aus Kork oder Styropor, die im Wasser schwimmt, dreht er sich wie ein Kompass nach Norden. Und wer nun genau sagen kann, wo’s langgeht, der trifft, buchstäblich, den Nagel auf den Kopf.

Menhir

Ein Menhir sieht ein bisschen so aus wie bei Asterix und Obelix: ein Stein, oft mannshoch, der in vorgeschichtlicher Zeit über weite Strecken hergeschleift, aufgerichtet und in den Boden eingelassen wurde. Das Dorf Carnac in der Bretagne zum Beispiel ist für seine kilometerlangen Steinreihen bekannt, und von da kommt auch das Wort «Menhir», vom bretonischen «maen», «Stein», und «hir» für «lang».

Aber Menhire gibt es auch in der Schweiz. In einem Wäldchen am Stadtrand von Yverdon stehen die sogenannten «Alignements de Clendy», drei Reihen von Menhiren, die von Nordosten nach Südwesten zeigen. Die Anlage stammt aus der Jungsteinzeit, um 4500 v. Christus; und genutzt wurde sie vermutlich über drei Jahrtausende lang. Die insgesamt 45 Steine sind unterschiedlich gross – die kleinsten messen nur einen halben Meter, die grössten sind 4,5 Meter hoch und 5 Tonnen schwer. Einige davon sind flach und kunstvoll behauen, so dass sie menschenähnliche Umrisse zeigen.

Die Anlage wurde 1887 entdeckt. Im Zug der ersten Juragewässerkorrektion war der Spiegel des Neuenburgersees gesunken, und die Menhire tauchten auf. Nur, wozu haben sie einst gedient? Astronomische Untersuchungen zeigen, dass die Steinreihen genau auf die beiden Punkte am Horizont zeigen, zwischen denen der Mond innerhalb einer Periode von 18,6 Jahren auf- und untergeht. Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass die Menhire von Clendy ein Mondheiligtum waren – oder, wie wir heute sagen würden, ein steinzeitliches Mondobservatorium.

Dezimalzeit

Am 24. November 1793 beschloss der französische Nationalkonvent, dass nicht nur Masse und Gewichte, sondern neu auch die Zeit auf der Zahl 10 beruhen sollte. Das Dezimalsystem galt als Ausdruck reiner Vernunft. Wie beim Meter oder beim Gramm sollte die natürliche Zahl 10 neu auch die Grundlage der Zeitmessung sein.

Zuvor war im selben Jahr der Revolutionskalender beschlossen worden. Der hatte schon die Dezimalwochen eingeführt – vom «primdi», dem ersten Wochentag, bis zum «decadi», dem letzten. Und nun sollte also auch die Tageszeit dezimal werden. Das brachte eine gewaltige Umstellung mit sich. Jeder Tag sollte 10 Stunden haben, jede Stunde 100 Minuten, jede Minute 100 Sekunden. Auf einmal hiess es also «5 Uhr mittags», Mitternacht war um 10 Uhr.

Das klang zwar logisch, brachte aber ein ziemliches Problem mit sich. Alle notabene enorm kostspieligen Uhren hatten die Zeit bisher duodezimal (12 Stunden) und sexagesimal (60 Minuten, 60 Sekunden) gemessen. Sie wurden durch das neue Gesetz auf einen Schlag unbrauchbar. Und neue Uhren, deren Stunden und Minuten auf der 10 beruhten, mussten erst einmal gebaut werden. Bei aller Liebe zum neuen Dezimalsystem war das den Revolutionären am Ende dann doch zu teuer: Gut ein Jahr später, am 7. April 1795, wurde das Dezimalzeitgesetz ausgesetzt. In Kraft trat es nie, und die wenigen tatsächlich gebauten Dezimaluhren sind heute Museumsstücke.