@-Zeichen

Die erste E-Mailnachricht der Welt stammt vom Informatiker Ray Tomlinson. Sie war bloss ein Test und bestand aus einem wirren Buchstabensalat. Es war das Jahr 1971; die US-Regierung unter Richard Nixon machte Druck, um gegenüber der Sowjetunion nicht in Rückstand zu geraten, und Tomlinson arbeitete an einem Programm, mit dem sich Daten über ein Netzwerk verschicken liessen. Das Netz hiess noch Arpanet, und angeschlossen waren gerade mal 15 Computer, grösser als Kühlschränke. Ihre technischen Bezeichnungen aber waren viel zu kompliziert, und so suchte Tomlinson nach Rechneradressen, die man sich merken konnte. Ausgerechnet auf dem Telex seiner Firma, oberhalb des P, fand er ein Steuerzeichen, das im Datenverkehr noch nicht gebraucht wurde, das @-Zeichen. At, auf Deutsch «bei», passte gut: Der Bauplan der neuen Adressen – Name, @-Zeichen, Domäne – liess sich ohne weiteres lesen als «Person X bei Unternehmen Y».

Und doch: Das @-Zeichen ist uralt. Schon im Mittelalter gab es Ligaturen, Buchstabenverbindungen aus a und d für das lateinische ad, «zu» oder «bei». Weil sich das @-Zeichen auf alten Wein- und Olivenfässern findet, nimmt man an, dass es von den Mauren als Masseinheit nach Europa gebracht worden war. Spanische, portugiesische und französische Händler brauchten es als Bezeichnung für eine arroba, was ungefähr 10 Kilo oder 15 Litern entsprach.

Dass E-Mail zu einer der wichtigsten Computeranwendungen überhaupt werden sollte, war 1971 noch nicht abzusehen. Auch das @ hat Karriere gemacht. Es steht heute für das gesamte Internetzeitalter.

Arial

Sie ist ein ungeliebtes Kind, die Computerschrift mit dem Namen Arial. Sie findet sich buchstäblich auf jedem Computer, auf jeder zweiten Webseite und jedem dritten Brief dieser Welt. Und das, wo sich Schriftgestalter und Grafiker einig sind: Die Arial ist keine gelungene Schrift.

Arial
Arial
Die Entwicklung eines Fonts, wie die Schriften auf Englisch heissen, ist nämlich eine Kunst. Zwei dieser Künstler waren der Grafiker Max Miedinger und Eduard Hoffmann, Chef der Haas’schen Schriftgiesserei in Münchenstein bei Basel. 1956 entwarfen sie ihre neueste Schrift und nannten sie, ganz selbstbewusst, «Helvetica». Es war eine Groteskschrift ohne Serifen, wie die charakteristischen Füsschen einer Zeitungsschrift heissen. Die zeitlose Eleganz der Helvetica fegte förmlich durch Grafik und Druck, Unternehmen in aller Welt machten sie zur Firmenschrift – und die Helvetica zur Ikone der schweizerischen Typografie.

Nur: Die Helvetica kostet Geld. Und so schuf die amerikanische Setzmaschinen- und Schriftenfirma Monotype eine Discountvariante, die Arial. Es wäre ein leichtes gewesen, die Helvetica einfach zu kopieren – solches taten viele und kamen damit ohne weiteres durch –, aber die Schriftgestalter Robin Nicholas und Patricia Saunders von Monotype hatten ganz offensichtlich Hemmungen. Selbst wenn Arial und Helvetica für das ungeübte Auge gleich aussehen: Sie unterscheiden sich in vielen kleinen Details. Das obere Ende des kleinen Helvetica-t endet rechtwinklig und nicht schräg wie bei Arial; das grosse Arial-R wiederum hat ein gestrecktes Bein, wo das der Helvetica einen eleganten Schwung besitzt.

Der Rest ist Geschichte: Apple bezahlte brav die Lizenzgebühren und gab seinem OS die Helvetica mit, Microsoft dagegen knauserte – und packte Arial in Windows. Das eroberte die Welt und mit ihr das Internet.

Böse Zungen behaupten, das Web hätte mit der Arial die Schrift bekommen, die es verdiene.

Bank

Es ist gar nicht so lange her, da war die Welt noch in Ordnung und eine Bank einfach ein Geschäft. Heute allerdings sind Banken eine Art Naturkatastrophe, die über Völker hereinbricht und Länder, ja ganze Kontinente erschüttert.

Dabei ist die Bank eigentlich nichts weiter als die soziale Schwester des Stuhls.

bank und stul unterscheiden sich darin, dasz dieser nur für einen, jene meistens für mehrere nebeneinander eingerichtet ist.

Solches notierte treffend, wenngleich etwas pedantisch um 1860 der Märchensammler und Sprachforscher Jacob Grimm. Eine Bank bietet also mehreren Sitzenden Platz, und falls sie sehr lang gerät, lassen sich praktischerweise auch ungeliebte Aufgaben darauf schieben. Vor allem aber lässt sich auf der bank seit althochdeutschen Zeiten Geld wechseln. Die Bank, das war nämlich der Tisch des Geldwechslers. Auf diesen ursprünglich im Freien stehenden Tisch legte der Geldhändler in ordentlichen Stapeln seine Münzen, und auf ihm stellte er seine Banknoten aus, Banknoten, die im England des 17. Jahrhunderts noch nicht Geldscheine waren, sondern Quittungen für Einlagen von Gold und Silber. Diese Quittungen konnten – statt des Edelmetalls – selbst in Zahlung gegeben werden, und jedermann konnte sie ohne Wenn und Aber beim Geldhändler wieder einlösen. Später wurden die Bankiers, wie sie auch genannt wurden, von dieser unbedingten Einlösepflicht befreit, so dass aus den Banknoten unser heutiges Papiergeld entstand.

Doch schon damals war das Handeln mit Geld nicht ganz ohne Risiko. Ging einem Bankier das Geld aus, griff man in Italien zu drastischen Mitteln: Zum Zeichen seiner Zahlungsunfähigkeit wurde sein Wechseltisch, seine Bank, kurzerhand kurz und klein geschlagen. Damit war die banca rotta – und der Händler bankrott.

Bankwesen

Börsenhändler neigen zu schwarzem Humor. Wer sich dieser Tage nach der Sicherheit seines Geldes erkundigt, das auf Schweizer Banken liegt, der wird beruhigt: Schweizer Banken seien Ozeanriesen, so sicher wie die Titanic.

Das klingt rabenschwarz, und dazu ist es so nicht einmal richtig. Erfasst hat die Krise vor allem Banken, die es so in der Schweiz gar nicht gibt: so genannte Investmentbanken. In den USA, wo die Bankenkrise ihren Ursprung hat, herrscht das so genannte Trennbankensystem vor. Hier gibt es zum einen die Geschäftsbanken, auf englisch: commercial banks. Sie nehmen Kundengelder auf, unterliegen aber einer schärferen Aufsicht. Daneben gibt es die investment banks: Sie verwalten Vermögen, handeln mit Wertpapieren und helfen Unternehmen bei der Aufnahme von Kapital, etwa bei einem Börsengang oder einer Kapitalerhöhung. Das Geschäft der Investmentbanken ist riskanter als das von Geschäftsbanken, aber es versprach in den letzten Jahrzehnten auch wesentlich mehr Gewinn.

In der Schweiz ist das alles etwas anders. Im Gegensatz zum amerikanischen Trennbankensystem gibt es hierzulande die so genannte Universalbank: Alle Banken können alle Dienstleistungen anbieten, vom Sparkonto über Kredit und Vermögensverwaltung bis hin zum Börsenhandel. Aus Sicht der Sparer und Unternehmen ist das sicherer: Das Risiko ist so auf möglichst viele verschiedene Bankgeschäfte und Kunden aus allen Wirtschaftszweigen verteilt. Dazu kommt die strenge Aufsicht durch die eidgenössische Bankenkommission und das verhältnismässig hohe Eigenkapital der Schweizer Banken.

Also doch wenig Grund für schwarzen Humor. Auch wenn es den unsinkbaren Wirtschaftsdampfer nicht gibt. Auch nicht unter den Banken.

Bargeld

Bargeld ist teuer. Das Drucken einer Banknote kostet zwar nur rund 30 Rappen. Weil die im Durchschnitt aber nur drei Jahre lang hält, fallen bei der Schweizerischen Nationalbank jedes Jahr Ersatzkosten von 20 bis 30 Millionen Franken an. Münzgeld ist noch teurer. Was Wunder, dass immer mehr Länder über die Abschaffung von Bargeld nachdenken.

2014 nannte der Harvard-Professor Kenneth Rogoff in einem vielbeachteten Aufsatz zwei gewichtige Gründe, die gegen Bargeld sprechen. Bargeld ist – erstens – eine Nullzinsanlage. Um in Zeiten einer drohenden Deflation Preise und Währungen stabil zu halten, haben die Notenbanken Negativzinsen eingeführt. Im Klartext sind das Gebühren, die die Geschäftsbanken am Ende bei ihren Kunden eintreiben. Auf einmal lohnt sich das Horten von Papiergeld, weil es unter der Matratze seinen Wert behält, auf dem Bankkonto dagegen nicht. Es liegt – zweitens – in der Natur des Bargelds, dass der Empfänger nichts über seine Herkunft zu wissen braucht. Bares, über oder unter dem Tresen durchgeschoben, verleiht Anonymität. Damit ist es dazu angetan, den Handel vor dem Staat zu verschleiern. Es wird geschätzt, dass weltweit mehr als die Hälfte allen Geldes im Untergrund verschoben wird.

Diese beiden Gründe – Nullzins und Anonymität –, dazu das Überhandnehmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und die neuen Kryptowährungen wie Bitcoin legen laut Rogoff den Verzicht auf Bargeld nahe, zumindest erst einmal der grossen Noten. Ein so radikaler Vorschlag bleibt natürlich nicht unwidersprochen. Aber: Eine Reihe von Ländern haben bereits Barzahlungs-Höchstbeträge eingeführt, und als erstes Land der Welt ist Schweden dabei, das Zahlen mit Cash gänzlich abzuschaffen.