Backgammon

Backgammon mit seinem zweifarbigen, gezackten Spielbrett, mit seinen schwarzen und weissen Spielsteinen und seinen Würfeln ist hierzulande nicht sonderlich gut bekannt. Im Nahen Osten und rund ums Mittelmeer dagegen schon: In der Türkei etwa ist Backgammon so etwas wie das Nationalspiel.

Backgammon
Backgammon wurde nachweislich schon vor 5000 Jahren gespielt – in Shahr el-Sokhta, einer Fundstätte im Südosten Irans, wurde ein prähistorisches Spielbrett ausgegraben, mitsamt kleinen Würfeln aus Knochen. Die um 1300 in Zürich entstandene Manesse-Handschrift enthält eine Bildtafel, die einen Adligen und einen Mönch beim Backgammonspiel zeigt – auch wenn das Spiel damals Puff hiess, Pasch, Tricktrack oder Wurfzabel. Und aus dem Rumpf des 1545 vor der englischen Südküste gesunkenen Kriegsschiffs «Mary Rose» wurde ebenfalls ein handgeschnitztes Spiel geborgen.

Heute ist Backgammon Gegenstand von Turnieren, die nach dem K.o.-System ausgetragen werden und auf deren Spiele gewettet werden kann. Doch auch Programmierern bereitet es Kopfzerbrechen. Das Spiel ist trotz seiner einfachen Regeln ausgesprochen komplex. Einem Computer richtig gutes Backgammon beizubringen, ist ähnlich schwierig wie Schach – und gelingt erst seit den späten 80er Jahren. Selbst heute gibt es nicht mehr als eine Handvoll spielstarker Programme.

Ob Amateur-, Computer- oder Turnierspieler: Anhänger hat das Spiel seit Menschengedenken. Als der britische Archäologe Howard Carter 1922 im ägyptischen Tal der Könige auf die völlig unversehrte Grabkammer des Pharaos Tutenchamun stiess, fand sich, zwischen all den Schätzen und zur Unterhaltung in der Totenwelt, auch ein Backgammonspiel.

Baez, Joan

Freitag abend, 19. August 1969, auf einer Farm in Bethel, 70 Kilometer von Woodstock und 150 Kilometer von New York entfernt. Starker Regen hatte den Boden aufgeweicht, Hunderttausende drängten sich im Matsch vor der Bühne, auf der bekiffte Nobodys improvisierten. Die Zufahrtsstrassen waren verstopft, Bands und Verpflegung mussten per Helikopter eingeflogen werden, die Organisation ein einziger Alptraum. Nichts deutete darauf hin, dass dieses aus den Fugen geratene Sommerfestival Musikgeschichte schreiben würde.

Aber dann, als letztes Konzert des ersten Tages: die damals 28-jährige Sängerin Joan Baez. Nüchtern, klar und konzentriert, das kurze schwarze Haar wie ein Helm, eine zierliche Frau, ganz Stimme. Die schliesslich die Gitarre weglegte und vor der riesigen, gebannten Menge den Gospel Swing Low, Sweet Chariot sang, a cappella und mit einer Intensität, die Löcher in den Cannabisnebel brannte.

1969 in Woodstock, da war Joan Baez bereits ein Star: als Folksängerin, als Kämpferin gegen Diskriminierung, die nur noch an schwarzen Universitäten auftrat, weil es da keine Rassenschranken gab, als Freundin von Bob Dylan, mit dem sie 1963 am legendären Civil Rights March aufgetreten war.

Musikalisch ist ihr Weg ein Mäander – von Lyrik und Folksongs zu Country und Pop –, politisch dagegen ist er gradlinig: Joan Baez, die Sängerin, trat und tritt gegen Rassentrennung an, für die Menschenrechte, gegen den Vietnam- und überhaupt alle Kriege.

Zwei Dinge haben sie dabei ein Leben lang begleitet: ein fürchterliches Lampenfieber – und eine Stimme, ohne die das Chaos von 1969 nicht Woodstock geworden wäre.

Basketball

James Naismith war Arzt und Sportlehrer an der YMCA International Training School in Springfield, Massachusetts, und er hatte Sorgen. Die 18 neuen Athleten des Jahres 1891 waren Rowdys; sie liebten kampfbetonte Sportarten, und im Winter in der Sporthalle liess die allgemeine Gereiztheit die kleinste Rangelei zur ausgewachsenen Massenschlägerei ausarten. Also dachte Naismith nach. Für die häufigen Verletzungen im Fussball, Rugby, Football, Hockey und Baseball gab es zwei offensichtliche Gründe: den Kampf um den Ball und die Tore, deren Hüter beim gegnerischen Ansturm am meisten abbekamen.

Um die jungen Wilden bei Laune zu halten, dachte sich Naismith daher ein neues Ballspiel aus: So wenig Körperkontakt wie möglich, die Tore in die Höhe, hoch über die Köpfe der Spieler hinaus. Naismith liess den Hausmeister Pop Stebbins an den Emporen der Sporthalle zwei «baskets» aufhängen, Körbe, wie man sie für die Pfirsichernte brauchte. Nach einem Treffer wurde der Ball mit einem Stock wieder herausgefischt; das nach unten offene Netz gibt es erst seit 1906. Basketball sollte ein reines Pass- und Wurfspiel sein – heikle Kämpfe um den Ball sollten unterbleiben. Die Körbe hingen so hoch, dass ein Torwart unsinnig war, und die insgesamt 13 Spielregeln waren darauf hin angelegt, dass sich auch bei vollem Einsatz keiner verletzte.

Seit 1936 ist Basketball für Männer olympisch, seit 1976 auch für Frauen. Naismiths Regeln gelten im Wesentlichen noch immer, und die Korbhöhe von 3,05 Metern – die Balkonhöhe der alten Sporthalle in Springfield – ist bis heute die Norm.

Bikini

Am 18. Juli 1946 liess der gelernte Automechaniker Louis Réard in Paris eine Erfindung patentieren, die ihn auf einen Schlag weltberühmt machen sollte. Vier neckische Stoffdreiecke, je zwei davon mit einer kecken Kordel verbunden, bildeten das Rudiment eines Badekleids, das in den Augen der Zeit den weiblichen Körper mehr ent- als verhüllte. In der Piscine Molitor, dem Jugendstil-Schwimmbad in Auteuil, liess Réard diesen Hauch von Badeanzug vorführen, der – Zitat Réard –

so klein ist, dass er alles von der Trägerin enthüllt ausser dem Geburtsnamen ihrer Mutter.

Kein anständiges Model war bereit, diese textile Winzigkeit zu tragen, so dass Louis Réard nichts übrigblieb, als eine Stripteasetänzerin zu engagieren. Ein handfester Skandal.

Dabei hatte das Evaskostüm namens Bikini schon damals einige Jährchen auf dem Buckel: Schon 1907 hatte der Deutsche Valentin Lehr einen durchaus knappen Zweiteiler entwickelt. Dieser wilhelminische Bikini sollte möglichst viel Haut freigeben, um die Wirkung des heilenden Sonnenlichts nicht zu beeinträchtigen. Und selbst dieser Zweiteiler hatte Vorbilder: Mosaike in der spätrömischen Villa Romana del Casale in Sizilien zeigen junge badende Frauen, die schon eine Art Bikini tragen.

Louis Réards Erfindung von 1946 war also weniger das Textil als vielmehr dessen exotische Bezeichnung. In diesem Sommer fanden auf der Marshall-Insel Bikini Atomwaffentests der USA statt. Die Insel beherrschte die Schlagzeilen, und manch einer assoziierte mit ihr «Sonne», «Südsee» und «Explosion». Was den findigen Louis Réard auf die Idee brachte, seine frivolen Stoffdreiecke kurzerhand «Bikini» zu taufen.

Blog

Alle haben einen – Bundesrat Moritz Leuenberger hat einen, Blogging Tom hat auch einen. Sie vermehren sich wie die Karnickel: die sogenannten «Blogs». 1994 standen Blogs noch in den Sternen, und heute gibt’s schon 71 Millionen davon. Nur: Was ist ein Blog?

Blogs sind tagesaktuelle Webseiten, ganz persönliche sogar. Sie enthalten meist täglich wechselnde Beiträge, die aus Texten, Bildern, Hörproben und Videos bestehen können, und aus Links, die zu besonders bemerkenswerten Stellen im Internet führen. Blogs kosten nichts – was man dazu braucht, steht kostenlos im Internet -, und Blogs werden gern als Möglichkeit des kleinen Mannes gehandelt, sich und seinen Anliegen wirkungsvoll Gehör zu verschaffen. Enthusiasten sprechen schon vom citizen journalism, vom Bürgerjournalismus. Allerdings: Blogs sind meist anonym – ihre Verfasser tragen klingende Pseudonyme, ein aussagekräftiges Impressum findet sich selten.

Wir aber, das potenzielle Publikum, stolpern erst einmal über das Wort: Der Blog? das Blog? Der Duden ist keine rechte Hilfe – er sagt nämlich: Sowohl als auch. Beides ist richtig. Was hilft, ist die Wortgeschichte: Das Wort Blog ist ein Zusammenzug aus Web, dem weltweiten Datennetz, und Log, dem Geschwindigkeitsmesser aus der Schiffahrt.

Tatsächlich waren Blogs ursprünglich digitale Logbücher von Menschen, die nächtelang das Web bereisten und ihren Fans ihre Schätze zeigten – Bemerkenswertes und Nichtssagendes, Schönes und Skurriles. Auf ihren Blogs veröffentlichten diese virtuellen Seefahrer ihre kurzen Texte, ihre Bilder und ihre Links, und ihr Publikum sah, las und klickte staunend.

Wo sich Öffentlichkeit findet (auch wenn’s nur eine virtuelle ist), da sind auch Narzissmus und Exhibitionismus nicht fern: Immer mehr wurden die Blogs auch zu öffentlichen Tagebüchern. Dieser pikante Gegensatz versprach und verspricht Aufmerksamkeit, und so zeichnet Blogs vor allem eines aus: das Buhlen um ein Publikum.

Nun: Massenmedien gibt’s ja nicht erst seit gestern – Flugblätter mit den neuesten Nachrichten tauchten bereits im 15. Jahrhundert auf. Und seit da suchen sie ein lesendes Publikum. Die Frage sei daher erlaubt: Heute, da Zeitungen, Radio, Fernsehen und Internet gelesen, gesehen und gehört sein wollen, kommen nun noch 71 Millionen Blogs hinzu – wer um Himmels willen soll das alles lesen?

Am Ende ist es mit dem Sprachrohr des kleinen Mannes wohl doch nicht so weit her. Wer Bundesrat Moritz Leuenberger ist, wussten wir schon vor der Erfindung des Blogs. Und wer Blogging Tom ist, wissen wir noch immer nicht.