Alarm

Ein Alarm ist eine ernste Warnung.

Gleich schallet ein Alarmen;
Da wand ich mich zu ruck
Alß vil mich kond vmbgreiffen
Mit meinen augen beyd
Ich mörder sah durchstreiffen
Die Felder weit und breit,

dichtete Anfang des 17. Jahrhunderts der deutsche Jesuit Friedrich Spee. Seit jeher lebt der Mensch in Gruppen zusammen, und sobald Gefahr droht, ermöglicht der Alarm das Aufbieten aller Kräfte, um den Kampf aufzunehmen und die Gemeinschaft in Sicherheit zu bringen. Eine funktionierende Alarmorganisation war zu allen Zeiten wichtig – so wichtig, dass sie sogar eigene Berufe hervorbrachte: Der Torwächter im Mittelalter schlug Alarm, sobald sich Unbekannte vor der Stadtmauer zusammenrotteten, der Türmer läutete die Feuerglocke, wenn er einen Brand entdeckte, in Burgen und auf Berggipfeln hielten Wachen stets zwei Holzstösse bereit, um bei drohender Gefahr ein Hochwacht– oder Kreidfeuer zu entzünden – tagsüber mit feuchtem Holz, damit der Rauch weithin sichtbar blieb, nachts dagegen mit trockenen Scheitern, damit das Feuer möglichst hell aufloderte.

Heute alarmieren vor allem Apparate – von der automatischen Brandmeldeanlage über die Alarmanlage gegen Einbrecher bis hin zum Radio, dessen Wecker ebenfalls «Alarm» heisst. Letzteres ist eine ziemliche Verharmlosung: Das Wort stammt nämlich vom alten italienischen Weckruf all‘ arme! ab, auf Deutsch «zu den Waffen!»

Ein Alarm will unter allen Umständen wahrgenommen werden, und deshalb ist er vor allem eins: Laut, unerträglich laut. Es ist daher kein Zufall, dass vom mittelalterlichen «all‘ arme!» auch ein anderes, weit gebräuchlicheres Wort abstammt: der «Lärm».

Appeasement

«Appeasement», sagt das Lexikon der Bundeszentrale für politische Bildung, «steht in den internationalen Beziehungen für eine Politik der Zurückhaltung, der Beschwichtigung und des Entgegenkommens gegenüber aussenpolitisch aggressiven Staaten, zum Beispiel die britische Politik gegenüber dem Deutschen Reich vor 1939». To appease ist Englisch und heisst «abwiegeln», «besänftigen». Englands Premier Neville Chamberlain glaubte daran, dass Deutschland nach seiner Niederlage im Ersten Weltkrieg übel behandelt worden war und ein Entgegenkommen gegenüber Adolf Hitler einen neuen Krieg würde verhindern können. Aussenminister Anthony Eden wollte von dieser Leisetreterei nichts wissen und wurde prompt durch Lord Halifax ersetzt, der über beste Beziehungen zu Deuschland verfügte. «Obwohl vieles im System der Nazis England fundamental bedrohte», schrieb der in sein Tagebuch, «war ich gegenüber Hitlers Errungenschaften nicht blind, insbesondere seiner Leistung, den Kommunismus aus seinem Land herauszuhalten.» Da hatte Hitler die KPD bereits verboten und ihre Funktionäre ins KZ werfen lassen.

Ihren Gipfel erreichte die britische Appeasement-Politik im Münchner Abkommen von 1938, das den Nazis die Annexion der tschechischen Sudetengebiete erlaubte. «Peace for our time» – den Frieden habe er damit gesichert, verkündete stolz der Premier in London. Doch schon ein halbes Jahr später, als Nazideutschland auch die übrige Tschechoslowakei besetzte und das Abkommen brach, wurde Chamberlain klar, dass seine Politik kläglich gescheitert war.

Seither hat «Appeasement» einen schalen Beigeschmack. Hardlinern dient der Begriff regelmässig als Warnung vor einem möglichen Scheitern: vor den Kriegen auf den Falklands, am Golf, im Kosovo, im Irak – und heute gegenüber dem Iran.

Archimedes

«Heureka!» («Ich hab’s gefunden!») rief Archimedes aus, nachdem er im Bad das nach ihm benannte Prinzip erkannt hatte: So will es eine Anekdote. Die nette Geschichte ist vermutlich erfunden wie so vieles, wenn es um den griechischen Gelehrten geht. Das Ganze ist ja auch schon ein Weilchen her: Archimedes von Syrakus lebte im dritten Jahrhundert v. Chr. in Sizilien, und vieles über diesen genialen Mathematiker, Physiker und Ingenieur ist verloren und vergessen gegangen.

Was man weiss, ist allerdings staunenswert genug. Archimedes entwickelte Lehrsätze der Geometrie, berechnete die Kreiszahl π (Pi) und entwickelte ein Zahlensystem, mit dem sich astronomisch grosse Zahlen fassen liessen. Er entwickelte die Wasserschraube und entdeckte die Hebelgesetze, das Prinzip der kommunizierenden Gefässe und, eben, das Archimedische Prinzip, das besagt, dass der Auftrieb eines eingetauchten Körpers dem Gewicht der verdrängten Flüssigkeit entspricht. Er baute komplizierte Planetarien, die zum sogenannten Mechanismus von Antikythera führten, dem ersten astronomischen Computer der Geschichte.

Daneben – leider, möchte man sagen – konstruierte Archimedes auch mächtige Wurfmaschinen und Katapulte, die bei der Verteidigung von Syrakus gegen die angreifenden Römer eingesetzt wurden. Diese seine Leidenschaft für Kriegsgerät war fatal: Als die Stadt im Jahr 212 v. Chr. fiel, wurde Archimedes von einem plündernden römischen Soldaten kurzerhand erschlagen.

Armbrust

Wilhelm Tell ohne Armbrust ist wie Helvetia ohne Schild. Die Armbrust ist die Nationalwaffe der Schweiz. Wer hat’s erfunden? Die Schweizer? Nicht so ganz. Das Wort stammt von der lateinischen arcubalista ab, der Bogenschleuder der Antike. Weil das aber im Mittelalter keiner mehr verstand, wurde der Anfang zu «Arm», und zusammen mit berost, mittelhochdeutsch für «Ausrüstung» oder «Waffe», ergab das am Ende unsere Armbrust.

Die Armbrust war eine gefürchtete Fernwaffe. Der waagrechte Bogen und die Rückhaltevorrichtung der Sehne erlauben es dem Schützen, seine Waffe gespannt zu halten, ohne Kraft aufzuwenden, und so lange und genau zu zielen. Die ineinander geschachtelten Bögen können enorm viel Energie aufnehmen und ein Geschoss stärker beschleunigen als jeder Bogenschütze. Mit einer Armbrust werden daher auch keine Holzpfeile verschossen – die würden bei der enormen Belastung glatt brechen –, sondern harte Bolzen. Die Armbrust ist Kriegs-High-Tech.

Und wer hat’s nun erfunden? Nicht die Schweizer, nicht die Römer, sondern vermutlich die alten Chinesen. Im über 2200 Jahre alten Mausoleum des Kaisers Qin Shihuangdi haben Archäologen, zwischen all den Tausenden von Terrakotta-Soldaten, eine gut erhaltene Armbrust ausgegraben, die mit ihren 130 Zentimetern Länge eine Reichweite von bis zu 800 Metern hatte – mehr als doppelt so viel wie ein modernes Sturmgewehr. Qins Armee war legendär: In weniger als 10 Jahren unterwarf Qin sämtliche verfeindeten Reiche. Womöglich war es diese furchterregende Armbrust made in China, die den Soldaten zu ihren Siegen verhalf – und Qin zum ersten chinesischen Kaiserthron.

Bermuda-Dreieck

Am Nachmittag des 5. Dezember 1945 bricht «Flug 19», eine Staffel aus fünf Bombern der US-Navy, von Fort Lauderdale zu einem Trainingsflug auf. Doch dann verlieren die Piloten jede Orientierung, der Treibstoff wird knapp. Um 18.20 Uhr funkt Staffelführer Charles C. Taylor:

Alle bleiben eng zusammen. Wenn wir kein Land erreichen, müssen wir notwassern. Sobald der erste unter 10 Gallonen fällt, gehen wir alle gemeinsam runter.

Es ist das letzte Lebenszeichen. Flugboote, Rettungsflugzeuge, ein Flugzeugträger suchen tagelang das Meer ab, ohne Erfolg. Keine Trümmerteile, keine Ölspur, nichts. «Flug 19» bleibt verschollen. Schlimmer noch: Auch eines der Suchflugzeuge verschwindet spurlos.

Seither gilt die Region vor der Ostküste Floridas als gefährlichste der Welt: Hier sollen mehr Schiffe und Flugzeuge verschwunden sein als irgendwo sonst. Monsterwellen? Magnetfelder? Methangasblasen? Seeungeheuer? Die Fantasie der Sensationsblätter kennt keine Grenzen. Noch dreissig Jahre nach dem ersten Unglück sammelt Buchautor Charles Berlitz Dutzende solcher Unglücke und fabuliert über Menschen sammelnde Aliens. Sein Buch verkauft sich bis heute prächtig.

Plausible Erklärungen für das Verschwinden der Schiffe und Flugzeuge liegen seit langem auf dem Tisch. Erwiesen ist zudem, dass es im Bermuda-Dreieck gar keine Häufung gibt – das Ganze, schreibt etwa der Sachbuchautor und Pilot Lawrence David Kusche, sei in etwa so logisch, wie wenn man sämtliche Autounfälle in Arizona auf ein und dieselbe Ursache zurückführen würde. Nur sind Statistiken nicht ganz so spannend wie saftige Storys. Und so ist dem Mythos vom Bermuda-Dreieck vermutlich noch ein langes Leben beschieden.