Ein rechter Maler, klug und fleissig,
Trägt stets ’nen spitzen Bleistift bei sich.
So reimte einst Wilhelm Busch, im übrigen selbst ein begnadeter Bleistiftzeichner. Der Stift heisst falsch, weil seine Mine nicht im mindesten aus Blei besteht.
Und doch: Ein Stift aus Blei war er lange Zeit. Blei ist weich, und sein Abrieb ergibt zwar schwache, aber erkennbare Konturen. Und so gossen schon vor 5000 Jahren die alten Ägypter Blei in Bambus-, Schilf- oder Papyrusstängel. Plinius der Ältere schreibt, dass im Rom des ersten Jahrhunderts n. Chr. der Griffel aus reinem Blei – stilus plumbeus – gang und gäbe war. Noch bis ins Mittelalter griffen Maler beim Vorzeichnen zum so genannten reissbley, doch für wirklichen Zeichenkomfort war das zu hart, nahm das Papier zu sehr mit und war der Gesundheit des Künstlers nicht eben zuträglich.
Das änderte sich, als englische Hirten 1564 in der Grafschaft Cumberland – so will es die Legende – an den Wurzeln eines umgestürzten Baumes eine tiefschwarze Masse bemerkten, in der sie Bleierz zu erkennen glaubten und mit der sich ein Schaf gut markieren liess. Im benachbarten Keswick entstand die erste, bis heute erhaltene Bleistiftmanufaktur, die den Grundstein zu einer eigentlichen Bleistiftindustrie legte. Der schwarze Wunderstoff wurde in zylindrische Form gepresst und in eckige Hülsen aus Silber, Gold oder das sündhaft teure, aber wohlriechende Zedernholz gesteckt. Bleistifte konnten gut und gern dreimal mehr kosten als eine teure Feder.
Es sollte lange dauern, bis die Wissenschaft herausfand, dass des Bleistifts Kern nicht aus Blei, sondern vielmehr aus Graphit besteht. Dem griffigen Namen indes konnte das nichts mehr anhaben.