Kakao

Kakao ist die Bohne des Kakaobaums – oder genauer: das aus ihr gewonnene Pulver. Kakaobohnen sind ein wichtiges Exportprodukt vieler Länder Südamerikas, Westafrikas und Südostasiens. Das Wort stammt aus alten Sprachen der Ureinwohner Mexikos und später der Maya und der Azteken.

Die Kakaofrucht und die darin eingebetteten Bohnen werden seit Jahrtausenden genutzt. Archäologen haben in Honduras Gefässe aus dem 11. Jahrhundert v. Chr. ausgegraben, in denen Kakaoreste nachgewiesen wurden. Getrunken allerdings wurde nicht Kakao aus der gemahlenen Bohne. Getrunken wurde vielmehr eine Art Kakaobier aus dem zuckerhaltigen, vergorenen Fruchtfleisch der Kakaofrucht. Die Bohne dagegen war bei den Maya und Azteken weniger Genuss- als vielmehr Zahlungsmittel. Und wenn aus ihr doch ein Getränk wurde, dann – weil kostbar – nur für die oberen Zehntausend und zum Zweck religiöser Rituale.

Als Hernándo Cortés und seine conquistadores 1519 die Halbinsel Yucatán eroberten, kam ihnen der leicht bittere, ungesüsste Trank anfänglich spanisch vor. Als Heissgetränk aber, mit Rohrzucker, Gewürzen und Milch zubereitet, fand der Kakao seinen Weg in die Tassen der Alten Welt, zuerst als Heilmittel, dann als Luxus an Königs- und Fürstenhöfen.

Lange Zeit wurde darüber gestritten, ob Kakao eine Speise sei. Weil sein Genuss aber das kirchliche Fastengebot gebrochen hätte und mittlerweile auch die angerufenen Päpste nicht mehr verzichten mochten, lautete am Ende das Verdikt: Es ist ein Getränk. Kakao erhielt den päpstlichen Segen und wurde damit endgültig zum Stoff, aus dem die süssen Träume sind.

Kapuze

Die Kapuze, an den Pullover, die Jacke oder den Mantel genäht, ist jederzeit zur Hand, und sie schützt zuverlässig vor Regen und vor Kälte. Weil eine Kapuze aber nicht nur das Wetter abhält, sondern auch Blicke, hat sie immer etwas Unheimliches.

Wer dem Kloster geht vorbei
Mitternächtlich, sieht die Fenster
Hell erleuchtet. Ihren Umgang
Halten dorten die Gespenster.

Eine düstre Prozession
Toter Ursulinerinnen;
Junge, hübsche Angesichter
Lauschen aus Kapuz‘ und Linnen.

So dichtete 1851 Heinrich Heine. Bis heute wird der Tod meist mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze dargestellt.

Nüchtern betrachtet, kommt das Wort vom lateinischen caputium, wörtlich «das, was den Kopf bedeckt». Italienisch capuccio, französisch capuce, spanisch capucha – die Kapuze ist ziemlich universell. Mönche und Soldaten schätzten sie gleichermassen. Weil der dunkelbraune Habit des franziskanischen Bettelordens mit einer besonders markanten Kapuze geschmückt ist, nannte man die Brüder bald einfach «Kapuziner». Und der schwere Filzmantel der Schweizer Armee mit seiner ausladenden Kapuze war jahrzehntelang Teil der Militärausrüstung. Bei Kälte geschätzt, doch seines Gewichts wegen verwünscht, hiess er in der Soldatensprache ganz einfach «Kaputt».

Übrigens: Ein «Kapuziner» ist in Wien ein Mokka mit Schlagrahm, dessen Dunkelbraun an die Mönchskutte erinnert. Der cappuccino, ein mit geschäumter Milch aufgegossener Espresso, ist daher nichts anderes als ein Kaffee mit Kapuze.

Ketzer

Von den Ketzern sagt man, dass sie den Hintern von Katzen küssen, damit ihnen in deren Gestalt Luzifer erscheine.

Dies schreibt im 12. Jahrhundert der französische Theologe Alain de Lille. Dass «Ketzer» von «Katze» kommt, war dabei ebenso kreuzfalsch wie die bösartige Unterstellung, dass die Andersgläubigen den Teufel anbeteten. Denn das Wort «Ketzer» kommt vom den Katharern, von griechisch katharoi, «die Reinen». Der Katharismus war eine mächtige religiöse Laienbewegung, die vom 12. bis zu ihrem Untergang im 14. Jahrhundert vor allem in Südfrankreich glühende Anhänger fand. Eine ihrer Hochburgen war die Stadt Albi, weshalb die Katharer auch Albigenser genannt wurden.

Sie selbst nannten sich «veri christiani» oder «bonshommes», «die wahren Christen» und «gute Menschen». Die Katharer glaubten an eine strikte Zweiteilung der Welt, in eine von Gott geschaffene, ewige, spirituelle Welt und eine materielle, von Verfall gezeichnete, die vom Teufel beherrscht wird. Sie waren Asketen: Die Strenggläubigen, Männer und Frauen, die dem inneren Kreis angehörten und «perfecti» oder «perfectae» genannt wurden, führten ein entbehrungsreiches Leben – vegetarische Kost, keine Sexualität, keine Ehe.

Die zentrale Schrift der Katharer war das Johannesevangelium, das alte Testament lehnten sie als Beschreibung eines bösartigen Schöpfergottes ab. Und sie besassen ihre eigene Hierarchie. Damit zogen sie den Zorn der römisch-katholischen Kirche auf sich. 1179 wurden sie offiziell exkommuniziert, und dreissig Jahre später begann der Albigenserkreuzzug, ein Massaker im Namen der Inquisition. Die mächtigen Katharerfestungen wurden belagert, eine um die andere eingenommen, die Gläubigen zu Tausenden hingemetzelt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Klo

Das Schliessen ist eine Kulturtechnik, die so alt ist wie die Menschheit. Zuschliessen, abschliessen, verschliessen – seit fünf Jahrtausenden wird weggeschlossen, was nicht an die Öffentlichkeit gehört, und die Schliessanlage Nummer eins ist das Klo. Genau das heisst es auch, denn «Klo», die Abkürzung des altertümlichen Wortes «Klosett», kommt vom lateinischen Verb claudere, «schliessen».

Damit ist heute vor allem die abschliessbare Klotür gemeint – oft genug lässt die sich ohne korrekten Code ja nicht einmal mehr öffnen. Dass «Klo» also vom Türschloss herrührt, ist allerdings ein historisches Missverständnis. Das deutsche «Klosett» kommt zwar durchaus vom englischen water closet, mit «t». In seiner Patentschrift aus dem Jahr 1775 allerdings beschrieb der schottische Uhrmacher, Mathematiker und Universalerfinder Alexander Cumming seine neuartige Einrichtung als water closed, mit «d». Und damit meinte er keine Schliessvorrichtung, sondern vielmehr das neue S-förmige Rohr, den sogenannten Siphon, dessen darin stehen bleibendes Wasser den Abfluss luftdicht abschliesst und die üblen Gerüche zuverlässig daran hindert, sich in die Stille des Örtchens zu verbreiten.

Als «Wasserklosett» (oder als englisches Akronym «WC») hielt die bahnbrechende Vorrichtung Einzug ins Deutsche – und wurde, weil doch etwas umständlich, zum «Klo» von heute. Und obwohl das Klo in hektischen Zeiten wie diesen ein Ort des Innehaltens und der Reflexion geworden ist, denkt niemand daran, dass in Klo ein altes Wort für «schliessen» steckt. Und dass das Klo deshalb eng verwandt ist mit der Klausur – und mit dem Kloster.

Menetekel

Ein Menetekel, so erklärt der Duden, ist das geheimnisvolle Anzeichen eines drohenden Unheils. Eine ziemliche Untertreibung: Als der babylonische Kronprinz Belsazar im 6. Jahrhundert v. Chr. dieses Anzeichen sah, war er am nächsten Tag tot.

Es mag auch daran gelegen haben, dass der mit seinen Getreuen zechende und Gott lästernde Belsazar die Zeichen ganz einfach nicht verstand. Die Bibel berichtet, während des wüsten Gelages seien wie von Geisterhand an der Palastwand, in flammender Schrift, die Worte erschienen: Mene mene tekel upharsin. Im Deutsch der Luther-Bibel von 1534 heisst das «gezählt, gewogen, geteilt». Die Flammen an der Wand lassen den Prinzen erbleichen, und keiner seiner Berater kann mit dem Spruch etwas anfangen. Erst der Palastdiener und Traumdeuter Daniel wagt eine Deutung: «Die Tage Deiner Herrschaft sind gezählt, Du bist gewogen und für zu leicht befunden, und Dein Reich wird unter den Medern und den Persern aufgeteilt werden».

So will es das Alte Testament. Tatsächlich ist Daniels Deutung eine sehr freie Übersetzung aus dem Akkadischen, einer heute ausgestorbenen Sprache, die bis ins erste Jahrhundert nach Christus in Mesopotamien und im heutigen Syrien gesprochen wurde. Mene mene tekel besteht, nüchtern betrachtet, nur aus uralten umgangssprachlichen Einheiten, darunter die hebräischen Währungen Mine und Schekel. Ein unlösbares Rätsel.

Und so sitzt Belsazar bleich und schlotternd vor der verglimmenden Schrift, und Daniels Deutung hallt im Raum. Das Ende von der Geschichte: Daniel wird reich belohnt, Belsazar umgebracht, und seither ist das Menetekel eine eingängige Kurzform des Sprichworts: «Hochmut kommt vor dem Fall».