Harley-Davidson

Was Bill Harley und Arthur Davidson anno 1903 in ihrer Scheune in Wisconsin zusammenschraubten, war eine Art Fahrrad mit Hilfsmotor. Die beiden träumten von Rädern, nicht von Karriere. Und trotzdem stehen ihre Namen heute für eine der stärksten Marken der Welt: Harley-Davidson.

Harley-Davidson
Harley-Davidson
Ein funkelnder Name, der, je nachdem, eine andere Farbe zeigt. Normalsterbliche sehen rot – Harley-Davidson, so lautet das Urteil, steht für Verantwortungslosigkeit: Das Risiko eines tödlichen Motorradunfalls ist statistisch 18-mal höher als im Auto. Harley steht für Rockerbanden, für Bart, Bierbauch und Bürgerschreck. Rot sehen auch Naturschützerinnen: Zweiräder mit dem Hubraum eines Familienwagens sind für sie ein ökologisches Verbrechen. Harley-Besitzer dagegen sehen vor allem Chrom: Aus Milwaukee, wissen sie, stammen die edelsten aller Bikes, und so bauen sie ihre Maschinen zu schimmernden, funkelnden Kleinodien aus. Techniker schliesslich sehen schwarz: Eine Harley-Davidson ist ein mechanischer Anachronismus – zwei Zylinder, luftgekühlt wie zu Grossvaters Zeiten, mit Vibrationen wie ein Presslufthammer, ältere Modelle gar noch mit Kickstarter – ein Motorrad, an dem sämtliche Errungenschaften modernen Motorenbaus spurlos vorübergegangen zu sein scheinen.

Eigentlich liegen sie alle falsch. Eine Harley ist nämlich kein Motorrad. Sie ist ein Lebensgefühl. Wer eine Harley fährt, weiss das. Und wer Harleys verabscheut, der gibt das zwar nicht zu, aber weiss es ebenso. Harley ist auch ein Geschäft: für die Company, die 2006 mit dem Verkauf von 350 000 Bikes einen Umsatz von fast 6 Mrd. Dollar erzielte; für die Händler, die für eine neue Maschine bis zu 40 000 Franken haben wollen, für den Investor, der Harley-Aktien für zur Zeit 60 Dollar bekommt.

Das womöglich grösste Geschäft aber ist das mit den Fanartikeln: Ob T-Shirt, Ledergürtel oder Feuerzeug – wenn Harley-Davidson draufsteht, dann muss es einfach himmlisch sein. Oder, je nachdem, vom Teufel.

Meilenstein

Sie waren eine Art Vorläufer unseres heutigen Navis, jene runden, mehr als mannshohen Säulen entlang wichtiger Römerstrassen. In den Stein eingemeisselt waren Namen und Ehrentitel des jeweiligen Kaisers und die Entfernung zur nächstgelegenen Stadt, angegeben in milia passuum, also in tausend Doppelschritten (umgerechnet etwa 1,5 Kilometer). Auf Lateinisch hiessen die Säulen miliaria, ein Wort, von dem unsere heutige «Meile» abstammt. Das miliarium aureum auf dem Forum in Rom war der Ursprung aller Meilensteine. Es war eine Säule aus vergoldeter Bronze mit den Strassennamen und Entfernungen in die wichtigsten Städte des Reichs. In gallischen und germanischen Provinzen dagegen, wo früher Kelten gelebt hatten, trugen die Steine Distanzangaben in keltischen Leugen und heissen deshalb «Leugensteine».

Römische Meilensteine gab es bereits im 3. Jh. v. Chr, doch die meisten stammen aus der Kaiserzeit, also aus den ersten drei Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. Auch in der Schweiz wurden Meilensteine aufgestellt – einer davon wurde 2013 von einem Bauern in der Waadtländer Gemeinde Pompaples entdeckt. Die Inschrift nennt Mark Aurel und Lucius Verus, die von 161 bis 169 n. Chr. gemeinsam als römische Kaiser amtierten; darunter stand die Distanz von 39 Meilen bis Aventicum, das heutige Avenches. So sind römische Meilensteine heute zwar keine Wegweiser mehr, dafür aber wichtige Zeugen römischer Verwaltungsgeschichte.

Mückengeld

Mücken sind nicht bloss lästig, weil sie nachts summen, sie stechen auch. Das Blut braucht das Mückenweibchen, um Eier zu bilden, die es dann in Feuchtgebieten ablegt, am liebsten in Schlamm und Morast. Und das ist ein Problem, vor allem rund um Stauseen. Denn wenn viel Wasser gebraucht wird und der Pegel sinkt, wird Schlamm freigelegt. Und wo es viel Schlamm gibt, da steht eine Mückenplage ins Haus.

Das kann die SBB teuer zu stehen kommen. 1932 nämlich liessen die Bundesbahnen im Bezirk Einsiedeln eine Staumauer bauen, um die Sihl aufzustauen, das neue Kraftwerk mit Turbinenwasser zu versorgen und Bahnstrom zu erzeugen. Die Bevölkerung allerdings befürchtete Mückenplagen und war skeptisch. So wurde in einem zehnseitigen Vertrag zwischen den SBB und dem Kanton Schwyz zentimetergenau festgelegt, welche Pegelhöhe der Sihlsee zu welcher Jahreszeit aufzuweisen habe. Und damit sich die SBB auch wirklich daran halten, wurde eine Strafe vereinbart für jeden einzelnen Tag, an dem diese Mindesthöhe nicht eingehalten wird, das sogenannte «Mückengeld». Es beträgt 2500 Franken pro Tag. Am 1. Juni dieses Jahres war es wieder einmal so weit: Der Pegel war zu niedrig, die SBB mussten Wasser aus dem Zürich- in den Sihlsee hochpumpen – doch bis der seine vertragliche Minimalhöhe wieder erreicht hatte, wurde eine Strafe von mehreren 10 000 Franken fällig.

In Zukunft könnte das noch teurer werden: Die Konzession läuft nämlich in zwei Jahren aus, und laut neuem Vertragstext liegt das Mückengeld, das bei zuwenig Wasser im Sihlsee anfällt, bei zwischen 20 000 und 45 000 Franken. Pro Tag.

Neat

Neat – alles und jedes wird heute abgekürzt, und heraus kommen modische Kunstwörter, über die – am Anfang – jeder stolpert, und die doch bald schon Allgemeingut sind.

Die Neat ist eindeutig noch in der Stolperphase, auch wenn sie nicht mehr ganz so jung ist: Das Schweizer Stimmvolk stimmte dem Bau eines neuen Tunnelsystems durch die Alpen schon 1992 zu. Und heute nimmt sie Gestalt an, die Neat. Vorläufig noch als Baustelle von gigantische Ausmassen: am Gotthard – hier entsteht mit 57 Kilometern der längste Tunnel der Welt – und am Lötschberg, mit einer Länge von knapp 35 Kilometern. Bald einmal wird auch am Ceneri gebaut, von zahllosen weiteren Aus- und Umbauten am Schweizer Bahnnetz ganz zu schweigen.

Was uns erwartet, ist ein Bauwerk der Superlative: Durch den Gotthard sollen 250 Stundenkilometer schnelle Züge rasen. Und 4000 Tonnen schwere Güterzüge. Der Lötschberg-Teil der Neat ist 2007 in Betrieb gegangen, auf den Gotthard werden wir noch bis mindestens 2016 warten müssen.

So mancher Politiker stolpert immer wieder auch über die Kosten: Als das Volk 1998 zur Finanzierung Ja sagte, rechneten die Neat-Optimisten noch mit Baukosten von 8 Milliarden Franken. Optimismus in allen Ehren heute rechnet Max Friedli, Direktor des Bundesamtes für Verkehr und quasi oberster Neat-Lokführer, schon mit bis zu 24 Milliarden Franken.

Trotzdem, so gigantisch diese Summe auch aussehen mag: Sie entspricht nur rund einem Fünftel dessen, was Bund und Kantone allein 2006 ausgegeben haben. Und dabei ist die Neat ohne Zweifel ein Jahrhundertbau. Ist sie erst einmal in Betrieb, wird, im bequemen Bahnsessel und bei Tempo 250, über ihren holprigen Namen garantiert niemand mehr stolpern.

Parkuhr

Der Patentantrag, den Carlton Cole Magee am 13. Mai 1935 einreichte, zeigt einen futuristischen Apparat mit Drehknopf und Sichtfenster am oberen Ende einer Stange. Magee war Anwalt, Lokalpolitiker und Chef des Verkehrsausschusses von Oklahoma City. Mit seiner Erfindung wollte er Dauerparkierer aus dem Stadtzentrum verbannen und die Parkplätze statt dessen für Shoppingkunden freihalten. Die Parkuhr sollte, so erklärt die Patentschrift, das Bezahlen einer vom Münzwert abhängigen Parkzeit ermöglichen und, nach deren Ablauf, ein Verbotsschild anzeigen. Die Patentbeamten beäugten die dargestellte Münzuhr mit ihren komplizierten Innereien misstrauisch – und liessen sich Zeit, viel Zeit. Dem Antrag wurde erst drei Jahre später stattgegeben.

Da allerdings hatte der findige Anwalt Magee seine Parkuhren längst bauen lassen. Beliebt waren sie nicht: Die erste, noch im selben Jahr in der Stadt aufgestellt, trug bald den Spitznamen «Black Maria». Aufgebrachte Bürger protestierten gegen die neue «Wegelagerei»; einzelne Parkuhren wurden kurzerhand umgefahren. Allein, die Proteste waren vergeblich. Mit Magees Erfindung hatte das Gratis-Parkieren in den Städten dieser Welt ein Ende. Die erste «Parkograph» genannte Münzuhr Europas wurde 1952 in Basel aufgestellt.

Doch auch die Zeit der Parkuhr ist abgelaufen: Zu heikel die Mechanik, zu teuer die Wartung. Das endgültige Aus in Europa kam mit der Euro-Einführung am 1. Januar 2002: Es hatte sich schlichtweg nicht gelohnt, die jahrzehntealten Präzisionsgeräte auf die neuen Münzen umzurüsten.