Zeitball

Die Uhrzeit wird von Zeigern angezeigt, die wir uns vors Gesicht halten, um sie abzulesen. Grosse Distanzen erfordern grosse Zeiger – der Minutenzeiger des Big Ben in London misst 4,3 Meter.

Von noch weiter her sichtbar und dabei noch genauer als selbst der längste Minutenzeiger war der sogenannte Zeitball. Zeitbälle waren im 19. Jahrhundert für Seeleute gedacht. Auch sie waren auf die exakte Uhrzeit angewiesen, weil sich die geografische Länge der Schiffsposition nur in Kenntnis der exakten Uhrzeit bestimmen liess.

Ein Zeitball war eine schwarze Signalkugel aus Korbgeflecht von einem bis zwei Metern Durchmesser. Dieser Ballon wurde an einer weithin sichtbaren Stelle des Hafens an einem Mast aufgezogen und oben von einem Sperrhaken festgehalten. Täglich um 13 Uhr Greenwich-Zeit wurde der Haken durch ein elektrisches Signal der örtlichen Sternwarte ausgelöst, mit der sein Mechanismus verbunden war. Der Zeitball glitt dem Mast entlang in die Tiefe und stellte klar: Es ist jetzt genau 13 Uhr und null Sekunden.

Der erste Zeitball, die Erfindung eines britischen Kapitäns, wurde 1829 in Portsmouth getestet, ein zweiter wurde 1833 in der Sternwarte Greenwich aufgestellt. Das System war einfach und robust – und seines optischen Signals wegen ausgesprochen präzise: Der Klang eines Horns oder einer Glocke wäre bereits in einem Kilometer Entfernung erst mit drei Sekunden Verzögerung zu hören gewesen.

Und so verbreitete sich der Zeitball allmählich über die Häfen Englands und Europas – bis die weltweit existierenden 160 Zeitbälle Anfang des 20. Jahrhunderts schliesslich von Funk und Radio abgelöst wurden.

Zoll

«Zoll» kommt vom griechischen telṓnion, «Zollhaus», und das Geschäftsmodell ist seit dem Altertum gang und gäbe. Ein Zoll ist eine Abgabe, den der Fuhrmann einst für die Benutzung einer Strasse oder beim Übergang über eine Brücke zu zahlen hatte. Diese Wege- oder Brückenzölle waren zwar wenig beliebt, aber noch durchaus einleuchtend: Der Bau hatte eine Menge Geld gekostet, und man konnte es dem Erbauer nicht verdenken, wenn er, Abgabe für Abgabe, sein Geld wiedersehen wollte. Der Zoll als Steuer dagegen, die erst an den Kaiser oder König, später dann an den Staat ging, leuchtete weniger ein. Aber nur so lange, bis die örtliche Wirtschaft begriff, dass dieser Einfuhrzoll tatsächlich ein ziemlich wirksamer Schutz war: Fremde Ware wurde per se um den Zollbetrag teurer als hiesige; von Auswärtigen unterboten zu werden, wurde also schwieriger. Und damit war der Schutzzoll geboren – und der sogenannte Protektionismus zählte bald zum Standardrepertoire der Aussenhandelspolitik.

Zölle werden heute kritisch betrachtet, denn sie behindern den internationalen Handel. Sie haben den Nachteil, verkrustete Strukturen und damit unwirtschaftliche Branchen zu schützen, die Preise künstlich hoch zu halten und damit der Allgemeinheit mehr zu schaden als zu nützen. 1947 rückte das allgemeine Zoll und Handelsabkommen GATT den Zöllen weltweit auf den Leib, seit 1995 tut dies die Welthandelsorganisation WTO. Aber ganz der Vergangenheit gehören sie noch lange nicht an. Wer im Ausland shoppen geht, tut das zollfrei nur bis 300 Franken. Geht’s gar um Fleisch, Tabak oder Alkohol, helfen nur noch Merkblätter weiter – oder, ganz zeitgemäss, die App «QuickZoll».