Countdown

So klingt der wohl berühmteste Countdown aller Zeiten: Am 16. Juli 1969 um 9.32 Uhr Ortszeit startet eine Saturn-V-Rakete in Cape Canaveral, Florida. An Bord: Die Astronauten Neil Armstrong, Michael Collins und Buzz Aldrin.

Mit dem Countdown, auf Deutsch «Zurückzählen», werden grosse Ereignisse eingeleitet. Seine Abkürzung ist das grosse T als Abkürzung für «Test»; «T minus 10» heisst also noch zehn Minuten bis zum Start. Der Countdown verläuft in der Regel still, nur die letzten Sekunden werden laut gezählt. Sein Sinn liegt in der Verknüpfung einer Vielzahl von Kontrollen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in engen, sekundengenau festgelegten Zeitfenstern vorgenommen werden müssen. Ein einziger Fehler führt zum sofortigen Anhalten, wenn nicht sogar zum Abbruch des Starts.

Doch eigentlich kommt der Countdown nicht aus der Raumfahrt, sondern aus dem Film. Als der Regisseur Fritz Lang 1929 den Stummfilm «Frau im Mond» drehte, hatte er ein dramaturgisches Problem:

Wenn ich eins, zwei, drei, vier, zehn, fünfzig, hundert zähle,

sagte er später,

weiss das Publikum nicht, wann es losgeht. Aber wenn ich rückwärts zähle: Zehn, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins, null! – dann verstehen sie.

Der Countdown als Spezialeffekt der ersten Stunde: Was 1929 im Kino Spannung erzeugte, perfektionierte die Nasa 40 Jahre später zum medialen Weltereignis: 600 Millionen Menschen zählten am Fernsehen mit – vom Countdown bis zu den ersten Schritten auf dem Mond.

Curta

Curt Herzstark, 1902 in Wien geboren, liebt das Basteln. Und noch mehr liebt er es, seinen Vater in dessen Fabrik und auf Bürofachmessen zu begleiten. Hier bekommt der Bub die ersten Rechenmaschinen zu sehen, doch die haben einen gewichtigen Nachteil: Sie sind gross und schwer. Curt Herzstark, mittlerweile selbst Feinmechaniker, träumt davon, eine mechanische Rechenmaschine zu entwickeln, die so klein ist, dass man sie in die Tasche stecken kann.

1939 nimmt sein Traum Gestalt an. Das handliche Ding lässt sich mit einer Hand bedienen und sieht ein bisschen aus wie eine kleine Konservendose. Dieser erste Taschenrechner der Welt lässt sich mit Schiebereglern an der Seite und, zum Rechnen, mit einer kleinen, seidenweich laufenden Kurbel an der Oberseite bedienen. Die Curta, wie Herzstark seinen Rechner nennt, beherrscht alle vier Grundoperationen in bis zu elf-, später sogar fünfzehnstelligen Zahlen. Selbst Dreisatz und Wurzelziehen sind möglich.

Doch dann machen Rassenwahn und Krieg dem Erfinder einen Strich durch die Rechnung. 1943 wird Herzstark als «Halbjude» verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Als Mechanikgenie wird er hier für den Bau hochpräziser Waffenteile gebraucht. Herzstark, selbst eine Art Vorzeige-Häftling, rettet einer ganzen Reihe von Menschen das Leben: Er beschafft Lebensmittel und holt andere KZ-Insassen in die schützende Fabrik.

Nach seiner Befreiung findet Herzstark Geschäftspartner – und im Fürsten von Liechtenstein einen Mentor. Im liechtensteinischen Mauren werden in den folgenden Jahrzehnten 140 000 «Curtas» herstellt – bis am Ende die ersten Elektronenrechner aus Fernost diesem mechanischen Wunderwerk den Garaus machen.

Cyborg

«I’ll be back» – «Ich komme wieder»: So klang 1984 die Stimme des «Terminators» Arnold Schwarzenegger, des wohl berühmtesten aller Cyborgs. Das Wort ist ein Zusammenzug aus «kybernetisch» und «Organismus» – und der Cyborg namens Schwarzenegger ein Multitalent: Erfolgreicher Bodybuilder, Hollywood-Filmschauspieler und von 2003 bis 2011 gleich auch noch Gouverneur des US-Bundesstaats Kalifornien.

Cyborg
Erfunden hat die Cyborgs aber nicht der berühmte Muskelmann, sondern ein 1925 geborener Wissenschaftler namens Manfred Clynes, auch er ursprünglich ein Österreicher – und dazu ein Universalgenie: Clynes, ein persönlicher Freund Albert Einsteins, war ein brillanter Pianist, der biologische Gesetze entdeckte, einen Hirnröntgencomputer erfand und, im Jahr 1960, das «Cyborg-Konzept» veröffentlichte. Laut Clynes ist ein «Cyborg» eine Einheit aus Mensch und Maschine, die in unwirtlichen Umgebungen die Lebensfunktionen maschinell aufrechterhält. «Ich dachte, es wäre gut, ein Konzept zu entwickeln, das es Menschen ermöglicht, sich von den Beschränkungen ihrer Umwelt so weit zu befreien, wie sie es wünschen», gab Clynes später zu Protokoll.

Taucher mit ihren Sauerstoffflaschen oder Kampfpiloten, die in ihren Jets Sauerstoffmasken trugen, waren also per definitionem die Cyborgs der ersten Stunde, und folgerichtig war es die Weltraumbehörde Nasa, die Clynes‘ Konzept aufgriff und Systeme entwickelte, die (etwa in Form eines Raumanzugs) ein Überleben ermöglichten, wo Leben sonst unmöglich wäre. Der Gipfel dieser Entwicklung hiess «Apollo 11», und 1969 machte der Cyborg namens Neil Armstrong stolpernd Geschichte mit dem Satz: «Ein kleiner Schritt für einen Menschen, doch ein grosser Sprung für die Menschheit.»

DAB

Wenn ich Radio hören will, dann schalte ich mein altes Transistorradio ein. Je nach Wetterlage knackt es manchmal ein bisschen, rauscht ab und zu – und ich erinnere mich an die Zeit von Radio Beromünster, als nachts immer wieder ein algerischer Sender dazwischenfunkte. Das Rauschen und Knacken – es gehört zum Radio seit 1912, als die Physikabteilung der Uni Basel die erste Radioantenne aufspannte: zwischen einem Uhrmacheratelier am Nadelberg und dem Turm der Peterskirche.

Das Rauschen war den Radiotechnikern seit jeher ein Dorn um Ohr: Alle neuen Radiotechniken versuchten, ihm zu Leibe zu rücken – mithilfe der Mittel-, der Kurz-, der Ultrakurzwelle. Und heute nun machen ihm drei Buchstaben endgültig den Garaus: DABDigital Audio Broadcasting, zu deutsch: digitales Radio. Zugegegeben: In einer Zeit, da alles Alte analog und schlecht ist und alles Neue digital und gut, klingt das wenig spektakulär.

Und das ist falsch. Denn DAB ist eine kleine Radiorevolution. DAB ist Radio in HiFi-Qualität, egal, ob zuhause oder im Auto. Ihr Programm hat dabei immer dieselbe Frequenz – vorbei ist das lästige Herumfingern am Autoradio, wenn das Echo der Zeit mal wieder im Rauschen verhallt ist. DAB funkt nicht mehr wie UKW, sondern bündelt die Töne von bis zu einem Dutzend Stationen in einem einzigen Datenstrom. Das Hantieren mit Frequenzen ist passé: Ein DAB-Radio zerlegt die empfangenen Daten und präsentiert Ihnen Ihr Lieblingsprogramm mit seinem vollen Namen, mit der gespielten Musik und vielem mehr. DAB-Programme gibt’s in der Schweiz immer mehr – seit 1999 alle SRG-Programme, seit 2008 dazu über ein Dutzend privater Radios jeder Couleur.

Doch selbst wenn digitale Technik angeblich die Welt zum Dorf macht – der algerische Sender von einst jedenfalls ist mit DAB in unerreichbare Ferne gerückt.

Datei

Kaum ein Wort treibt uns um wie «Datei». Spätestens wenn die Worte «nicht gefunden» am Bildschirm prangen, steigt der Blutdruck in ungesunde Höhen. Das Wort klingt nach staubigem Kontor, doch tatsächlich ist «Datei» ein Kunstwort aus der Feder des Deutschen Instituts für Normung (DIN). Es ist ein Zusammenzug aus «Daten» (von lateinisch datum, «das Gegebene») und der althergebrachten Kartei.

Ob Text, Bild oder Ton: Erst als Datei kann der Computer mit Inhalten umgehen. Die Datei ist die digitale Entität schlechthin, und sie ist Teil der sogenannten «Schreibtischmetapher», die versucht, abstrakten digitalen Inhalten einen gegenständlichen Anschein zu geben. Die Datei ist eine zusammenhängende, maschinenlesbare, auf einem Datenträger dauerhaft gespeicherte Menge von Informationen. Sie war ein Meilenstein der Computergeschichte: Die ersten elektronischen Rechner waren zwar in der Lage, komplexe Berechnungen durchzuführen, aber die Ergebnisse waren flüchtig; ein Speichern war nicht möglich. Der erste Speicher war eine vom amerikanischen Konzern RCA entwickelte Elektronenröhre, die im Februar 1950 vom Wissenschaftsmagazin «Popular Science» als bahnbrechende Erfindung gefeiert wurde. Diese Röhre wies den Weg in die Zukunft – in einer Zeit, in der das englische Wort file noch «Aktenhefter» oder allenfalls «Lochkarte» bedeutete. Dateisysteme, wie wir sie heute nutzen, wurden erst durch Computer möglich, die in den 1960-er Jahren entwickelt wurden.

Seit Jahrzehnten ist die Datei buchstäblich in aller Munde. Doch allmählich hat ihre letzte Stunde geschlagen: Auf Smartphones und Tablets gibt’s nur noch Texte und Songs, Fotos und Filme. Die Datei wird allmählich abgelöst von dem, worauf es wirklich ankommt: dem eigentlichen Inhalt.