MS-DOS

Ein PC, der fünf Jahre auf dem Buckel hat, ist uralt. Und ein Betriebssystem wie MS-DOS, vor nur 25 Jahren das A und O, kann man sich heute schon gar nicht mehr vorstellen.

MS-DOS ist das Produkt, das den Weltkonzern Microsoft erst hervorgebracht hat. MS-DOS steht für Microsoft disk operating system, eine Software, die 1980 vom Programmierer Tim Paterson in aller Hektik entwickelt wurde, und dessen Version 3 – mittlerweile unter der Ägide der noch blutjungen Firma Microsoft – im August 1984 auf den Markt kam. MS-DOS 3 sollte das erste wirklich weltweit gebräuchliche PC-Betriebssystem werden.

Dabei gibt es kaum etwas Langweiligeres. Mit einem Betriebssystem lässt sich kaum etwas anfangen, ausser einen Computer zu starten oder mit Dateien zu hantieren. Das Betriebssystem dient sozusagen nur als Steigbügelhalter für die Programme, mit denen wir Texte schreiben oder Bilder bearbeiten. Weil aber kein Computer ohne Betriebssystem auskommt, erwies sich das Geschäft als so lukrativ, dass aus der Hinterhofwerkstatt von Bill Gates und Paul Allen ein Weltkonzern wurde, der 90 000 Mitarbeiter beschäftigt und 2008 über 60 Milliarden Dollar umsetzte.

MS-DOS sperrig zu nennen, wäre noch gewaltig untertrieben. Um etwa eine Textdatei auf eine Diskette zu speichern, hatte man, in grüner Schrift auf schwarzem Bildschirm, die Befehlszeile

copy c:\dateien\text.txt a: ↵

einzutippen. Dass sich ein solcher Softwareklotz dennoch durchsetzen sollte, ist eine Ironie der Wirtschaftsgeschichte, zumal Apple zur selben Zeit bereits seinen legendären Macintosh in die Regale stellte, den schmucken Würfel mit seiner revolutionären Benutzeroberfläche, die sich elegant mit der Maus bedienen liess.

Doch auch diese Revolution war von kurzer Dauer. Ob MS-DOS und Macintosh – beide sind sie heute nur noch im Technikmuseum anzutreffen.

Münzautomat

Automaten sind eine Erfindung der Neuzeit. Doch der erste Münzautomat der Geschichte ist älter, viel älter: Erfunden wurde er im ersten Jahrhundert n. Chr. vom griechischen Ingenieur Heron von Alexandria. In den Tempeln der Antike nämlich pflegten findige Händler Weihwasser zu verkaufen. Doch was, wenn sich die Betenden nicht an die Geschäftszeiten hielten? Abhilfe schuf eine von Heron konstruierte Weihwassermaschine. Die bestand aus einem Zylinder voller Wasser, auf dem eine Holzscheibe schwamm. Das Gewicht der eingeworfenen, auf das Holz fallenden Münzen drückte das Weihwasser durch ein Röhrchen nach oben, wo es dem Gläubigen in die Hand rann. Dieser sogenannte «Heronsbrunnen» war der erste Verkaufsautomat der Geschichte.

In den 1870er-Jahren dann setzte erst in Amerika, danach in Europa ein eigentlicher Automatenboom ein. Postkarten, Bücher, Bleistifte, Schokolade, Kaugummi, Zigaretten – was immer sich in Münzautomaten packen liess, wurde auf einmal in den schrankgrossen, verschnörkelten, bunt lackierten Kästen aus Gusseisen, Stahlblech oder Holz angeboten. Beliebt waren sie nicht überall: Die vielen Bonbons liessen Kritiker um die Volksgesundheit bangen; Händler fürchteten die neue, automatisierte Konkurrenz; selbsternannte Sittenwächter witterten gar die Anstiftung zur Kriminalität, weil Kinder immer wieder versuchten, die Automaten mit Hosenknöpfen zu überlisten. Und die Kirche schliesslich hatte schwere Bedenken wegen des Verkaufs an Sonntagen und der Verführung der Gläubigen während der Fastenzeit. Alles vergeblich: Die Münzautomaten waren nicht mehr aufzuhalten.

Heute aber sind sie selten geworden. Bestellt wird im Internet, bezahlt per Kreditkarte, geliefert per Post. Die letzten Jugendstilkästen aus den Anfängen der Automatenzeit dagegen sind selbst zur Ware geworden – als begehrte Sammlerobjekte.

Murphy’s Law

Es scheint ein Gesetz zu sein. Und es lautet: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein fallendes Butterbrot auf seiner Butterseite landet, ist proportional zum Wert des Perserteppichs. Das ist Murphy’s Law. In aller Kürze und englisch: shit happens.

Murphys Gesetz kennen wir alle. Und es ist so alt wie die Menschheit. Da gibt es zum Beispiel den englischen Vers, den eine Zeitung in Ohio 1841 abdruckte:

I never had a slice of bread – particularly large and wide
That did not fall upon the floor – and always on the buttered side.

Wieder das fallende Butterbrot, aber das kennen Sie ja schon. Eine andere Version von Murphys Law, so fand die American Dialect Society heraus, stammt vom Ingenieur Alfred Holt. Der erklärte 1877 an einer Konferenz: Alles, was auf hoher See schiefgehen kann, wird früher oder später schiefgehen.

Murphys Namen trägt das Gesetz seit 1949. Da arbeitete Captain Edward A. Murphy auf der Edwards Luftwaffenbasis in Kalifornien. Als Ingenieur war er für das Projekt MX 981 zuständig, das messen sollte, wieviel Bremskraft ein Mensch aushalten kann, dann etwa, wenn er mit dem Schleudersitz aus einem Jet katapultiert wird. Er liess einen Schimpansen auf eine Zentrifuge schnallen, beschleunigte, bremste und stellte fest – Ergebnis: null. Die Messgeräte zeigten nichts an. Grund: Sie waren von einem Techniker genau falschherum verkabelt worden. Und Murphy stellte fest: Was für fallende Butterbrote gilt, gilt auch für wissenschaftliche Experimente.

Ob das nun die wahre Geschichte von Murphys Law ist? Wer weiss das schon. Immerhin stand sie zwar auf der offiziellen Website der Edwards Air Force Base. Aber wahr? Auch die Airforce scheint Zweifel zu haben. Im Januar 2007 wurde die nette Anekdote sang- und klanglos gelöscht.

Musikdose

Ihr Klang ist einmalig, auch wenn sie viele Namen trägt: In der Schweiz heisst sie «Musikdose», in Deutschland «Spieldose» oder «Spieluhr», in England «music box». Die kleine Dose mit ihren klingenden Metallzungen, die von Stiften auf einer langsam drehenden Walze gezupft werden, hat 1796 der Genfer Uhrmacher Antoine Favre erdacht. Seine Erfindung fand eine begeisterte Kundschaft. Der Absatz wuchs, und so entstand um 1815 in der Schweiz eine eigentliche Musikdosenindustrie.

Musikdose
Musikdose
Gefragt waren da vor allem Uhrmacher, da die Walze in der Regel von einem Uhrwerk angetrieben wurde. Folgerichtig entwickelte sich die Herstellung da, wo es auch Uhrenmanufakturen gab: zum Beispiel in Genf. 1860 wurden da bereits 13 000 Musikdosen hergestellt, was mehr als 1000 Menschen Lohn und Arbeit gab.

Nach der grossen Uhrenkrise von 1860 wandten sich die Uhrmacher im Jura, im Vallée de Joux und in Sainte-Croix, den Musikdosen zu und brachten sie zur Perfektion. Während da um 1900 die Uhrmacherei fast völlig verschwand, exportierten vierzig Hersteller in Sainte-Croix ihre Werke bereits in die ganze Welt und setzten 4 Millionen Franken um, eine damals enorme Summe.

Die Herstellung der Musikdosen war alles andere als einfach: Die goupilleuse brachte die Bohrungen an und setzte von Hand die Stifte ein, der poseur passte den Tonkamm ein, der anschliessend vom justifieur nachgestimmt wurde. Der remonteur setzte die Uhrfeder ins Gehäuse, und erst nach einer minutiösen Kontrolle durch den termineur verliess eine Musikdose das Werk.

Heute, im Zeitalter von Radio und iPod, ist die Musikdose nur noch etwas für Liebhaber. Aber ihr Klang hat nichts von seiner Einmaligkeit verloren.

Myst

September 1993. Der Computer war noch ein Arbeitstier, sein Käfig das Büro, sein Bildschirm eine Flimmerkiste. Da löste ein brandneues Game bei den Fans ein Raunen aus. Das Spiel hiess «Myst», von mystery, dem englischen Wort für Rätsel, erfunden von den beiden Brüdern Rand und Robyn Miller.

Myst
Allerdings: Nur die wenigsten konnten es überhaupt spielen. «Myst» lief anfänglich nur auf einem Mac mit hoch auflösendem Farbbildschirm und CD-ROM, vor 20 Jahren ein unerschwinglicher Luxus. Dazu war «Myst» ganz anders als andere Games. Kein Spielstand. Kein Schiessen. Kein Sterben. Sondern vielmehr eine einsame, surreale, mit zahllosen liebevollen Details gestaltete, menschenleere Insel, deren Vergangenheit es Schritt für Schritt zu enträtseln galt. Und so tauchten die Spieler ein in die Welt der missratenen Brüder Sirrus und Achenar, ihres überforderten Vaters Atrus, seinen genialen Maschinen und seinen magischen Büchern, die moderne E-Books um Jahrzehnte vorwegnahmen.

Das Spielen bestand vor allem aus Denkarbeit. Die Rätsel waren so verflixt schwierig, dass man den «Myst»-Spieler auch abseits des Computers unschwer an seinem abwesenden Blick und dem stets in Griffweite befindlichen Notizblock erkennen konnte. Die Kritiken waren euphorisch, das Spiel und seine Nachfolger ein Riesenerfolg: Neun Jahre lang war «Myst» das meistverkaufte Computergame; von den ersten drei Versionen wurden über 12 Millionen Stück verkauft.

Die Firma der beiden Miller-Brüder gibt es immer noch. Sie liegt in Spokane im US-Bundesstaat Washington, laut Firmenporträt «192 Billionen Kilometer vom nächsten bewohnbaren Planeten entfernt». «Myst» selbst liegt etwas näher: im Museum of Modern Art in New York, als Spiel im Web und, natürlich, als App auf dem Handy.