Google

Als google.com am 7. September 1998 als Testversion ans Netz ging, war sie noch das Privatprojekt der beiden 25-jährigen Informatiker Larry Page und Sergey Brin in ihrer Garage im kalifornischen Menlo Park, die als erster Firmensitz herhalten musste. Search the web using Google, stand fast bittend auf der schlichten Seite mit den bunten Google-Buchstaben, denn andere hatten das Geschäft längst unter sich aufgeteilt: Altavista und Yahoo hiessen die Giganten, und ein weiteres Dutzend Suchmaschinen buhlten um die Gunst der User.

Google
Auf Google hatte keiner gewartet. More of the same, höhnten die Analysten. Und das war womöglich der grösste Irrtum der jüngeren Wirtschaftsgeschichte. Denn obwohl Google aussah wie alle anderen – es war keine Such-, sondern vielmehr eine Findemaschine. Nach Larry Page ist der page rank benannt, Googles bahnbrechender Algorithmus, der das Geflecht von Links im Web analysiert, gewichtet und zusammen mit über 100 weiteren Merkmalen die Relevanz von Webseiten berechnet. Mit der Folge, dass die wichtigsten Treffer zuverlässig an erster Stelle stehen.

Und weil Google nicht nur sucht, sondern auch kostet, ersannen Page und Brin Kleininserate, die so genannten Google ads, die exakt in den Zusammenhang passen, wo sie platziert werden, weil Google eben in der Lage ist, Relevanz zu berechnen und in Sekundenbruchteilen auszuwerten. Mit diesen Anzeigen verdiente Google 2008 21 Milliarden Dollar.

Google eine Suchmaschine zu nennen, ist so stark untertrieben, dass es schon fast gelogen ist: Google ist Weltkarte, E-Mail, Fotodienst, Nachrichtenagentur, Bibliothek und Softwareschmiede. Mit Google lässt sich rechnen, planen, chatten und sogar videotelefonieren. Google ist ein Weltkonzern geworden – und sein Name ist Programm: Ein Googol ist der mathematische Begriff für eine gigantische Zahl: eine 1 mit einhundert Nullen.

Google Earth

Man schrieb das dritte Jahrhundert vor Christus. Und da hatte König Ptolemaios I eine Vision: die einer Bibliothek, die das gesammelte Wissen der Zeit enthalten sollte. Es blieb eine Vision; das Ende dieser Bibliothek war fulminant. Julius Cäsar, bei Kämpfen in die Enge getrieben, liess sämtliche Schiffe im Hafen von Alexandria niederbrennen, und die sagenhafte Bibliothek und ihre 700 000 Buchrollen gleich damit.

Würdiger Nachfolger des Königs war nicht Ptolemaios II, sondern vielmehr Google. Und Google will nicht nur alles Wissen der Welt zugänglich machen, sondern nichts weniger als gleich die ganze Welt selbst. Das ist durchaus wörtlich gemeint – das Ergebnis heisst Google Earth. Google Earth ist eine Software, die kostenlos auf earth.google.com heruntergeladen werden kann.

Google Earth bringt Ihnen buchstäblich die ganze Welt auf den Bildschirm, von Satelliten fotografiert, in einer Auflösung von einem Meter bis zu 5 Zentimentern, und vor allem dreidimensional. Das heisst: Gebirge und Schluchten sind, was sie sind, und vor dem Brandenburger Tor in Berlin lassen sich selbst die einzelnen Fussgänger ausmachen.

Soviel geografische Information in der Hand eines einzigen Unternehmens, so fürchten viele, ist ein Monopol und daher gefährlich. Google Earth, so fürchten die Militärs, kann auch ein gefundenes Fressen für Terroristen sein, die Anschlagsziele ausspähen wollen. Deshalb gibt’s eine handfeste Zensur. Ein gefundenes Fressen war Google Earth dagegen für den Italiener Luca Mori. Als dieser im Jahr 2005 die Umgebung seiner Heimatstadt Parma erkundete, fiel ihm eine seltsame Form auf. Es waren, wie sich herausstellte, die Mauern einer römischen Villa.

Die Bibliothek von Alexandria allerdings vermag selbst Google Earth nicht auferstehen zu lassen. Doch die Vision des Königs ist Tatsache geworden.

Guillotine

Der französische Theologe und Arzt Joseph-Ignace Guillotin war von der revolutionären Idee der «égalité», der Gleichheit, beseelt. 1789, im Jahr der französischen Revolution, amtierte Guillotin als Sekretär der Assemblée Constituante und setzte sich mit seiner Auffassung durch, dass die «égalité» auch im Tod gelten sollte: Ungeachtet ihres Standes sollten alle zum Tod Verurteilten auf ein und dieselbe Weise hingerichtet werden, nämlich durch präzise, maschinelle und damit «humane» Enthauptung. Keine Selbstverständlichkeit: Nur Adlige und Reiche waren bis anhin mit dem Schwert geköpft worden; das gemeine Volk wurde, je nach Straftat, gevierteilt, gehängt, ertränkt, verbrannt oder gar in siedendem Öl gesotten. Auf eine Abschaffung der Todesstrafe konnten sich die Abgeordneten nicht einigen, und so verständigte man sich immerhin auf egalitäres Enthaupten.

Es war ausgerechnet der Leibarzt des Königs, Antoine Louis, der das drei Meter hohe Fallbeil mit der 40 Kilogramm schweren Klinge und der kurzen Bank entwarf – drei Jahre später, 1792, wurde das Hinrichten mit der Guillotine Gesetz. Gegen 13 000 Menschen, darunter Louis XVI und seine Frau Marie Antoinette, sollten ihr allein in der Revolutionszeit zum Opfer fallen.

Doch nicht nur französische, sondern auch Schweizer Henker waren der Moderne des Tötens zugetan. Als letzter Kanton kaufte 1904 Luzern eine Guillotine für 1000 Franken, die man bei Bedarf auslieh. Als letzter Schweizer wurde 1940 der Mörder Hans Vollenweider guillotiniert – in der Werkstatt der Strafanstalt Sarnen.

Der Arzt Guillotin übrigens litt zeitlebens unter dem Namen des schrecklichen Apparats, den er weder erfunden noch je in Aktion gesehen hatte.

Handy

Es ist nicht nur an aller Munde, das Handy – es ist vor allem an aller Ohr. Vor sich hinsprechende, gestikulierende Menschen auf dem Rad oder gar im Swimmingpool sind längst Alltag. Nur das Wort – Handy – das will einfach noch so gar nicht in den Mund passen.

Handy
Das findet auch die Amerikanerin und der Engländer. Wenn Sie den nämlich um sein Handy bitten, wird er Sie ganz einfach nicht verstehen – je nach Temperament werden Sie entweder ratlose Zurückhaltung oder aber einen Lachkrampf ernten. Für ihn heisst das Ding nämlich cell phone oder, etwas britischer, mobile. Aber ja, zugegeben, das Ding ist handy, und zwar durchaus in seiner englischen Bedeutung – nämlich bequem, handlich, praktisch.

Aber eigentlich heisst das in der Schweiz ja auch gar nicht Handy. Sondern Natel. Das ist eine so richtig schön amtlich bewilligte Abkürzung und heisst «Nationales Autotelefon». Es kommt aus einer Zeit, da Handys noch alles andere als handy, sondern vielmehr hässliche Reisekoffer waren. portable, so nennen die Franzosen ihr Handy, also tragbar waren sie mit einiger Anstrengung zwar durchaus, aber mobil? Das erste Schweizer Natel kam 1978 von Brown-Boveri, musste an eine Steckdose oder Autobatterie angeschlossen werden und eignete sich mit seinen 15 Kilo vor allem für gewichtige Gespräche. Und mit seinem Preis von 16 000 Franken war es seinen wenigen Besitzern lieb und sehr teuer.

Danach aber begannen die Natels zu schrumpfen – und wurden zum telefonino, wie die Italiener ihr bestes Stück nennen. Die leichtesten Geräte wiegen heute gerade mal 80 Grammdas ist handy! Wenn das so weitergeht, dann behält jener Journalist doch recht, der vor einigen Jahren schrieb, bald schon liefen wir Gefahr, im Zug aus Versehen das Handy des Sitznachbarn einzuatmen.

Harley-Davidson

Was Bill Harley und Arthur Davidson anno 1903 in ihrer Scheune in Wisconsin zusammenschraubten, war eine Art Fahrrad mit Hilfsmotor. Die beiden träumten von Rädern, nicht von Karriere. Und trotzdem stehen ihre Namen heute für eine der stärksten Marken der Welt: Harley-Davidson.

Harley-Davidson
Harley-Davidson
Ein funkelnder Name, der, je nachdem, eine andere Farbe zeigt. Normalsterbliche sehen rot – Harley-Davidson, so lautet das Urteil, steht für Verantwortungslosigkeit: Das Risiko eines tödlichen Motorradunfalls ist statistisch 18-mal höher als im Auto. Harley steht für Rockerbanden, für Bart, Bierbauch und Bürgerschreck. Rot sehen auch Naturschützerinnen: Zweiräder mit dem Hubraum eines Familienwagens sind für sie ein ökologisches Verbrechen. Harley-Besitzer dagegen sehen vor allem Chrom: Aus Milwaukee, wissen sie, stammen die edelsten aller Bikes, und so bauen sie ihre Maschinen zu schimmernden, funkelnden Kleinodien aus. Techniker schliesslich sehen schwarz: Eine Harley-Davidson ist ein mechanischer Anachronismus – zwei Zylinder, luftgekühlt wie zu Grossvaters Zeiten, mit Vibrationen wie ein Presslufthammer, ältere Modelle gar noch mit Kickstarter – ein Motorrad, an dem sämtliche Errungenschaften modernen Motorenbaus spurlos vorübergegangen zu sein scheinen.

Eigentlich liegen sie alle falsch. Eine Harley ist nämlich kein Motorrad. Sie ist ein Lebensgefühl. Wer eine Harley fährt, weiss das. Und wer Harleys verabscheut, der gibt das zwar nicht zu, aber weiss es ebenso. Harley ist auch ein Geschäft: für die Company, die 2006 mit dem Verkauf von 350 000 Bikes einen Umsatz von fast 6 Mrd. Dollar erzielte; für die Händler, die für eine neue Maschine bis zu 40 000 Franken haben wollen, für den Investor, der Harley-Aktien für zur Zeit 60 Dollar bekommt.

Das womöglich grösste Geschäft aber ist das mit den Fanartikeln: Ob T-Shirt, Ledergürtel oder Feuerzeug – wenn Harley-Davidson draufsteht, dann muss es einfach himmlisch sein. Oder, je nachdem, vom Teufel.