WIR

Hierzulande ist WIR nicht nur ein Personalpronomen. In der Schweiz ist WIR, wie könnte es anders sein, auch eine Währung und eine Bank mit Sitz in Basel. Keine kleine Bank im übrigen, mit einer Bilanzsumme von 3,4 Milliarden Franken und mit sieben Filialen in der ganzen Schweiz.

Die WIR-Bank ist aus dem Wirtschaftsring hervorgegangen, einer Genossenschaft, die 1934 als Selbsthilfeorganisation gegründet wurde. 1934, das war der Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise. Die Gewerbebetriebe horteten ihr Geld, statt es auszugeben, und so wurde Geld immer knapper. Einen Ausweg fand Werner Zimmermann, ein Lehrer und Hansdampf in allen Gassen, mit Interessen von Psychoanalyse bis Ökonomie. Zusammen mit 15 Gesinnungsgenossen gründete er die Wirtschaftsring-Genossenschaft.

WIR, das ist eine sogenannte Komplementärwährung. Der Kurs ist an den Franken gekoppelt: Ein WIR ist nominal immer ein Franken. Der Clou: Das Geld bleibt im Kreis der WIR-Teilnehmer; das Gewerbe soll so von zusätzlichen Aufträgen profitieren können. WIR-Guthaben werden nicht verzinst. Das klingt zwar wie ein Alptraum des Kleinsparers, aber es war damals, in der Krise, durchaus sinnvoll. Auch heute noch werden die rund 60 000 kleinen und mittleren Unternehmen ihre WIR rasch wieder los – und sorgen so für Umsatz bei ihresgleichen. Attraktiv sind WIR vor allem in Krisenzeiten und bei Hypotheken und Krediten der WIR-Bank: ein Teil in Franken, ein Teil in WIR, zu sehr günstigen Konditionen.

WIR gibt’s übrigens nicht als als Münzen und Banknoten. Bezahlt wird per Verrechnungsauftrag, per Bankkarte oder Internet. Und weil ein jeder seine WIR schnell wieder ausgeben will, heisst WIR bei Witzbolden auch schon mal «Westindischer Rubel».

Yale, Linus

Der Mann war ein leidenschaftlicher Schlosser: Jede freie Minute verbrachte er in seiner kleinen Werkstatt und baute Schlösser. Oft aber hatte er anderes zu tun – sein Name war Louis Auguste, besser bekannt als Louis XVI, König von Frankreich.

70 Jahre später im US-Bundesstaat New York: Linus Yale senior ist Erfinder und hält mehr als ein Dutzend Patente für Schlösser, Dreschmaschinen und Sägemühlen. Sein Sohn Linus Yale junior dagegen studiert Malerei. Doch die Pflicht ist stärker. 1850 tritt der Junior ins Familiengeschäft ein, und als sein Vater stirbt, stellt der junge Linus Yale auf Schlösser um, die unter keinen Umständen zu knacken sind.

Schliessvorrichtungen, in denen Schlüssel einen Riegel bewegen, gibt es seit Jahrtausenden. Ihre Achillesferse aber ist seit jeher das Schlüsselloch: An dieser verräterischen Öffnung machen sich auch Unbefugte zu schaffen, mit geeignetem Werkzeug, und sei es auch nur mit Schiesspulver. Also erfindet Yale das Kombinationsschloss für Banksafes, die das hinter massivem Stahl versteckte Schlüsselloch erst nach der Eingabe der Kombination freigeben.

Yales bedeutendste Konstruktion aber ist ein Schloss, das viel kleiner ist – und das wir auch heute noch benutzen: das 1861 patentierte Zylinderschloss mit seinem charakteristischen flachen Schlüssel. Diese neuen Schlösser stellt Yale erstmals in Massenproduktion her, auch dies eine seiner bahnbrechenden Erfindungen.

Um diesen Platz in der Geschichte hätte Louis Auguste den Konstrukteur Yale beneidet: Er selbst kam nicht als Schlosser zu Ruhm, sondern als glückloser König, von der Revolution zum einfachen citoyen degradiert und 1793 auf der Pariser Place de la Concorde hingerichtet.

Zins

Wenn du Geld verleihst an einen aus meinem Volk, an einen Armen neben dir, so sollst du an ihm nicht wie ein Wucherer handeln; ihr sollt keinerlei Zinsen von ihm nehmen.

Das sagt klipp und klar das 2. Buch Mose. Zinsen sind Teufelszeug. Bloss: Zinsen sind auch ein gutes Geschäft. Also mussten kreative Lösungen her.

Wie zum Beispiel die von Wichmann von Seeburg, Erzbischof von Magdeburg im 12. Jahrhundert. Er baute Kirchen und führte Krieg, und beides war teuer. Also griff Wichmann zum sogenannten «Schwundgeld». Alle sechs Monate wurden die Münzen in Magdeburg kurzerhand für ungültig erklärt. Die alten Münzen liessen sich zwar in die frisch geprägten neuen umtauschen, doch erhielten die Bürger für zwölf alte Münzen jeweils nur noch neun neue. Halbjahr für Halbjahr ging so ein volles Viertel an den Erzbischof. Dessen Kasse füllte sich, und der Geldumlauf wurde beschleunigt, denn um dem empfindlichen Wertverlust zu entgehen, brachten die Magdeburger ihr Geld so rasch wie möglich wieder in Umlauf.

Der Trick mit dem Schwundgeld war im Mittelalter weit verbreitet, denn er war mit dem biblischen Zinsverbot kompatibel: Ein Kredit musste mit derselben Anzahl Münzen zurückgezahlt werden. Im Klartext: Wer 100 (alte) Münzen geliehen hatte, musste nach Ablauf der Kreditdauer 100 (neue) Münzen zurückzahlen, und der Kredit blieb (scheinbar) zinslos. Bloss: Während der ganzen Zeit trug der Schuldner die vollen Kosten, die jedesmal beim Münztausch anfielen, was ja de facto nichts anderes als Zinsen waren.

Kniffe und Tricks ohne Zahl: Jahrhundertelang brachte das Zinsverbot den Geldhandel in Not. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch.

Zippo

Ein «Zippo» ist ein Feuerzeug. Es ist quasi unzerstörbar und besteht aus Benzintank, Docht, Reibrad, Feuerstein. Schräg ist nur der Name: «Zippo» kommt vom englischen zipper, «Reissverschluss». Das Wort gefiel dem Erfinder George Grant Blaisdell, weil es Tempo hatte: Genauso schnell, wie ein zipper die Hose schloss, machte sein Zippo Feuer.

Harley-Davidson
Zippo
Dabei hatte Blaisdell eigentlich kaum etwas erfunden: Er hatte ein österreichisches Benzinfeuerzeug zum Vorbild genommen, die Rechte gekauft und das Original so umgebaut, dass man es mit einer Hand bedienen konnte. Die ersten Zippos von 1933 gingen für 1.95 Dollar über den Ladentisch.

Das Messinggehäuse mit seinen gerundeten Kanten liegt gut in der Hand. Mit dem Daumen lässt sich der Deckel zurückschnippen, und das knarzende Reibrad macht Feuer, selbst bei Regen und Sturm. Besonders praktisch: War das Zippo einmal leer und gerade kein Feuerzeugbenzin zur Hand, band man es kurzerhand an einen Draht und versenkte es im Tank des nächsten Lastwagens.

Unentbehrlich waren die Zippos für die US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg und in Vietnam. Die Legende, das Blechgehäuse habe so manchem Soldaten das Leben gerettet, weil eine feindliche Kugel daran abgeprallt sei, liess das Zippo zum Talisman werden. Der oft genug versagte: Gravierte Zippos gefallener Soldaten werden von Sammlern zu horrenden Preisen gehandelt.

Ein Feuerzeug für die Ewigkeit, mit lebenslanger Garantie:

It works or we fix it free

(«Es funktioniert, oder wir reparieren es kostenlos»), verspricht die Zippo Manufacturing Company. Bis auf den heutigen Tag.

Zirkus

Mit Zirkus kann vieles gemeint sein: Artisten und Clowns, Politik, Börse. Doch ob Arena, Parlament oder Ring – eines ist allen Zirkussen gemein: sie sind rund. Und diese Rundung gab ihnen den Namen – circus heisst lateinisch nichts anderes als Kreis. Im übertragenen Sinn wurde daraus, etwa im Circus Maximus in Rom, die Arena, in der man Rennen fuhr – und in denen gestorben wurde. Zum Glück ist nicht jeder Zirkus so blutig – man denke nur an die leisen, poetischen Nummern eines Clowns wie Grock.

Zirkus
Zirkus
Der Zirkus, wie wir ihn heute kennen, ist eine junge Erfindung: Sein Schöpfer ist der britische Ex-Kavallerist und Kunstreiter Philip Astley. 1768 eröffnete Astley in London eine Reitschule. Da gab er morgens Unterricht – und nachmittags Vorführungen, begleitet von seiner Frau Patty, die dazu die Trommel schlug. Seine Arena war rund, weil das Publikum so von allen Seiten freie Sicht auf die Bühne hatte, und weil sich beim Reiten im Kreis die Zentrifugalkraft für Kunststücke nutzen liess. Astleys erster Zirkus, der einfach Pferdetheater hiess, hatte ursprünglich einen Durchmesser von 19 Metern; später verkleinerte er den Ring auf 42 Fuss – 13 Meter, wie sie auch heute noch üblich sind. Diese Grösse ist für das stehende Balancieren auf dem Rücken trabender Pferde optimal.

Unglücklicherweise hatten auch andere eine gute Nase: Es war Astleys schärfster Konkurrent Charles Dibdin, der ganz in der Nähe einen zweiten Zirkus eröffnete. Dibdin kopierte Astleys erfolgreiches Programm – und gab seinem Unternehmen den klingenden Namen The Royal Circus. Damit war der moderne Zirkus geboren, von Knie bis Nock, von Monti bis Krone: der Zirkus als Sinnbild für Artistik und für Affentheater.