Daumen drücken die Menschen, seit sie Daumen haben. Die Redensart war schon im alten Rom gang und gäbe:
Das Sprichwort sagt, dass wir den Daumen drücken sollen, wenn wir jemanden mögen,
schrieb Plinius der Ältere in seiner «Historia Naturalis». Wenn der Imperator im Zirkus das Publikum aufforderte, über das Schicksal eines Gladiators zu entscheiden, hielt die johlende Menge entweder den Daumen nach unten – damit war der Pechvogel dem Tod geweiht –, oder aber es drückte den Daumen, wie wir es tun, und der Gladiator blieb am Leben.
Auch den alten Germanen galt der Daumen als «Glücksfinger» mit übernatürlichen Kräften. Ihn einzuschlagen und mit den vier übrigen Fingern zu drücken war eine Art Bannzauber gegen Dämonen und Hexen; die Gebrüder Grimm nennen noch 1816 in ihren «Deutschen Sagen» den Brauch, mit nächtlichem Daumendrücken einem Alptraum vorzubeugen:
Wenn der Alp drücket, und man kann den Daumen in die Hand bringen, so muss er weichen.
Der Grund für die Sonderstellung des Daumens liegt auf der Hand: Der Verlust eines der vier Finger ist zu verschmerzen, doch ohne Daumen, den kräftigsten aller Finger, kann man ein Werkzeug nicht mehr halten. Besonders makaber: Selbst nach dem Tod seines Besitzers wurde dem Daumen Zauberkraft zugeschrieben: Daumen gehenkter Diebe wurden nicht selten geraubt, in Gold oder Silber gefasst und von abergläubischen Spielern in der Tasche getragen.
Das Daumendrücken ist seit jeher vor allem eine germanische Sitte. In Frankreich oder England ist der Aberglaube an die Magie der Finger zwar ebenso verbreitet. Nur werden hier keine Daumen gedrückt, sondern («croiser les doigts», «keep one’s fingers crossed») die Finger gekreuzt.