Wenn du Geld verleihst an einen aus meinem Volk, an einen Armen neben dir, so sollst du an ihm nicht wie ein Wucherer handeln; ihr sollt keinerlei Zinsen von ihm nehmen.
Das sagt klipp und klar das 2. Buch Mose. Zinsen sind Teufelszeug. Bloss: Zinsen sind auch ein gutes Geschäft. Also mussten kreative Lösungen her.
Wie zum Beispiel die von Wichmann von Seeburg, Erzbischof von Magdeburg im 12. Jahrhundert. Er baute Kirchen und führte Krieg, und beides war teuer. Also griff Wichmann zum sogenannten «Schwundgeld». Alle sechs Monate wurden die Münzen in Magdeburg kurzerhand für ungültig erklärt. Die alten Münzen liessen sich zwar in die frisch geprägten neuen umtauschen, doch erhielten die Bürger für zwölf alte Münzen jeweils nur noch neun neue. Halbjahr für Halbjahr ging so ein volles Viertel an den Erzbischof. Dessen Kasse füllte sich, und der Geldumlauf wurde beschleunigt, denn um dem empfindlichen Wertverlust zu entgehen, brachten die Magdeburger ihr Geld so rasch wie möglich wieder in Umlauf.
Der Trick mit dem Schwundgeld war im Mittelalter weit verbreitet, denn er war mit dem biblischen Zinsverbot kompatibel: Ein Kredit musste mit derselben Anzahl Münzen zurückgezahlt werden. Im Klartext: Wer 100 (alte) Münzen geliehen hatte, musste nach Ablauf der Kreditdauer 100 (neue) Münzen zurückzahlen, und der Kredit blieb (scheinbar) zinslos. Bloss: Während der ganzen Zeit trug der Schuldner die vollen Kosten, die jedesmal beim Münztausch anfielen, was ja de facto nichts anderes als Zinsen waren.
Kniffe und Tricks ohne Zahl: Jahrhundertelang brachte das Zinsverbot den Geldhandel in Not. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch.