Fraktur

«Fraktur reden» heisst, jemandem seine Meinung zu sagen, deutsch und deutlich. Fraktur, das ist die sogenannt «gebrochene» Schrift – das Wort kommt vom lateinischen frangere, «brechen». Eine Schrift nennt man dann gebrochen, wenn die Bögen eines runden Buchstabens, etwa des «o», einen deutlich sichtbaren Knick aufweisen. Die älteste Druckschrift, jene der Gutenberg-Bibel Mitte des 15. Jahrhunderts, war eine gebrochene Schrift namens «Textura», deren Brüche im kleinen «n» und «m» ganz besonders deutlich sind. Fraktur war bis ins 19. Jahrhundert die vorherrschende Druckschrift, auch in der Schweiz – die Neue Zürcher Zeitung etwa wurde bis 1946 in Fraktur gedruckt.

Fraktur wird bis heute vor allem mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Tatsächlich war im Deutschland der Dreissigerjahre Fraktur die offizielle Druckschrift, weil sie als besonders deutsch galt. Das geht auf den schwäbischen Heimatdichter Cäsar Flaischlen zurück, der Anfang des 20. Jahrhunderts das Gedicht «Vom Herrenrecht unserer deutschen Schrift» geschrieben hatte. Da steht zu lesen:

Deutsches Volk, hab acht, sieh zu,
lass dir deine Schrift nicht nehmen,
deine deutsche Schrift bist du! (…)
Du sei du, gradauf und eckig!
Du sei kantig und sei hart!

Und so wurden deutsche Texte in Fraktur geschrieben, nicht aber Fremdwörter, die wurden in sogenannter «Antiqua» gesetzt, unserer heutigen Normalschrift. Weil Fraktur aber für Nichtdeutsche schwer lesbar war, verfügte Adolf Hitler 1941 die Abschaffung der Fraktur – und beendete damit den sogenannten «Antiqua-Fraktur-Streit», die jahrzehntelange politische Auseinandersetzung um die «richtige» deutsche Schrift.