Post-it

Sollte das papierlose Büro jemals Tatsache werden – sie werden unersetzlich bleiben: die kanariengelben, quadratischen, auf der Rückseite mit Spezialkleber versehenen Merkzettel namens «Post-it». Auf ihnen notieren wir Aufgaben, Einkaufslisten, Liebesbriefe, und dann kleben wir sie lustvoll in Bücher, auf Kühlschranktüren und Fensterscheiben. Kaum zu glauben, dass wir dem patenten Klebezettel schon seit 30 Jahren auf den Leim gehen.

Post-it
Post-it
Ende der sechziger Jahre knobelte der Chemiker Spencer Silver von der Minesota Mining and Manufacturing Company, kurz 3M, an einem Superkleber der Zukunft herum. Doch das einzige, was Silver in jahrelanger Forschung zustande brachte, war eine klebrige Masse, die zwar auf jeder Oberfläche haftete, aber auch genauso leicht wieder abzulösen war.

Das rief Silvers Kollegen Art Fry auf den Plan. Der war, so will es jedenfalls die 3M-Firmengeschichte, begeisterter Sänger im Kirchenchor und ärgerte sich immer wieder über die aus dem Gesangbuch herausfallenden Notizen. Also schnitt sich Fry handliche Zettel zurecht, borgte sich etwas Testleim von seinem glücklosen Kollegen – und fertig war das erste Post-it. Es haftete zuverlässig im Gesangbuch und liess sich nach Gebrauch mühelos und ohne Rückstände wieder entfernen.

Heute kleben Post-its zu Abermillionen an den aberwitzigsten Orten und Örtchen, und längst gibt es auch Post-it-Software und -Onlinedienste, die fast genau so simpel sind. Aber eben nur fast. Denn bevor wir zu den virtuellen Merkzetteln greifen können, müssen wir uns anmelden – natürlich mit dem Passwort, das wir uns nie merken können. Weshalb wir es notieren und, als Post-it, auf den Bildschirm kleben.

Projektor

Kaum ein Geräusch hat soviel mit Erinnerungen zu tun – die ersten Gehversuche der lieben Kleinen, das grosse Familienfest, der sonnige Sandstrand. Der Projektor spulte den verwackelten, von Streifen gezeichneten Film ab, und das Publikum blickte auf die Leinwand – je nach Beteiligungsgrad gebannt oder gelangweilt.

Projektor
Heute ist er selbst nur noch eine Erinnerung: der Projektor, das Gerät mit der starken Glühlampe, die ihr Licht durch einen Film, ein Dia und durch Linsen hindurch auf die Leinwand warf. Wörtlich, denn Projektor heisst lateinisch nichts anderes als «Hinwerfer». Zugegeben, ein etwas despektierlicher Ausdruck für ein Gerät, das Optik und Mechanik zu einer derart faszinierenden Erinnerungsmaschine verband.

Diese Magie trägt der Ur-Projektor in seinem Namen: laterna magica, Zauberlaterne, hiess das Gerät des niederländischen Physikers Christiaan Huygens, das im Jahr 1656 zum ersten Mal Bilder projizierte. Sonderlich viel Zauber war nicht dabei – eine Öllampe in einem Gehäuse, auf der Rückseite ein Hohlspiegel, davor handgemalte Laternbilder und das Objektiv. Magisch aber war die Wirkung: Die laterna magica wurde so aufgestellt, dass sie nicht zu sehen war, und projiziert wurde auf Rauch, der die Figuren frei im Raum schweben liess. Auch wenn die Kerzen von Glühlampen, die gemalten Bilder von Dias und der Rauch von Leinwänden abgelöst wurden – die Lichtbilder verloren nichts von ihrem Glanz.

Laterna magica, Projektor – heute sind sie Geschichte. Immerhin: Auch im Zeitalter von Beamer oder Youtube ist die Magie der Erinnerungsbilder ungebrochen.

Pyramiden von Giseh

Keine Silhouette ist so imposant wie die der Pyramiden von Giseh, am Rand der Wüste im Südwesten Kairos, 45 Jahrhunderte alt.

Die Pyramiden sind das letzte erhaltene Weltwunder der Antike, und sie sind ein viereinhalbtausend Jahre altes Rätsel. Die Baumeister des Alten Reichs kannten noch keinen Flaschenzug, ja nicht einmal das Rad, und doch bauten sie Gräber für die Pharaonen Cheops, Chephren und Mykerinos, die jede Vorstellungskraft sprengen.

Man weiss zwar einiges: Archäologen fanden die Lebensmittelspeicher und die Schlaflager der 36 000 Bauleute, Steinmetzen und Hilfsarbeiter der Cheops-Pyramide, und ebenso die Steinbrüche auf der Ostseite des Nils, wo sich weitere 10 000 Granitbrecher tief in die Erde gruben. Versteinerte Brotkrümel wurden gefunden, selbst die Titel der Chefs wurden entziffert: «Technischer Inspektor» oder «Konstruktionschef» steht da in Hieroglyphen zu lesen. Und man fand auch den Arbeiterfriedhof mit Hunderten von Skeletten, die allesamt krankhafte Knochenauswüchse zeigen, wie sie sich bei jahrelanger Plackerei bilden. Kaum einer wurde älter als 35.

Aber vieles weiss man nicht. Wie war es möglich, die gigantische Cheops-Pyramide in nur 20 Jahren zu errichten? 146 Meter hoch, aus 2,6 Millionen Kubikmeter Stein, am Ende mit weissem Kalk verputzt und poliert, so dass der Bau die Sonne reflektierte und das Auge blendete? Jeder einzelne der drei Millionen Blöcke wiegt durchschnittlich 2,5 Tonnen, die Quader mussten im Zweiminutentakt hochgewuchtet und millimetergenau gesetzt werden – ohne schweres Gerät, auf Schiffen, mit Rundhölzern, über gigantische Rampen aus Lehmziegeln, und das alles mit einer Genauigkeit, die selbst heutige Ingenieure mit modernsten Lasermessgeräten nur knapp erreichen.

Ein Weltwunder für einen toten König – und für die Ewigkeit.

Radio

21. Mai 1910: Das erste Radiosignal Europas stammt vom Observatorium im Pariser Eiffelturm, das, mit dem sinnigen Stationszeichen «FL», das Zeitzeichen ausstrahlt. Noch ahnt niemand, dass das der Urahn des Radios sein wird. Aber: Schon ein Jahr später werden in der Schweiz die ersten drei Empfangskonzessionen erteilt – an die Universität Lausanne, an die Uhrmacherschule in La-Chaux-de-Fonds und an den Uhrmacher Türler in Zürich -, auch wenn alle drei keineswegs Medien im Sinn haben, sondern vielmehr die genaue Zeit.

Radio
Das ändert sich rasch: Der Wetterbericht und gesprochene Nachrichten gehören zum Radio seit 1912, als die Physikabteilung der Uni Basel die erste Schweizer Radioantenne aufspannte – zwischen einem Uhrmacheratelier am Nadelberg und dem Turm der Peterskirche.

Was vor knapp 100 Jahren staunen machte, ist heute Alltag: Radio. Das Wort ist die Kurzform von Radiotelegrafie, die Übermittlung von Nachrichten mit elektromagnetischen Wellen. Weniger bekannt ist, dass Radio auf radius zurückgeht, den halben Kreisdurchmesser. Und der wiederum ist lateinisch und heisst «Speiche» oder «Strahl». Obgleich in den deutschsprachigen Ländern von Amtes wegen bereits in den 1920er Jahren der Begriff Rundfunk eingeführt wurde, hat sich Radio erhalten.

Heute sprechen wir von Neuen Medien und meinen damit das Internet. Falsch: Das Web ist Schrift und Bild, Ton und Film – und selbst kein Medium. Ein Neues Medium ist vielmehr das Radio. Selbst wenn es uns wie ein altes Medium vorkommt: Radio ist noch nicht einmal 100 Jahre alt.

Registrierkasse

Ladenbesitzer haben es nicht leicht: Immer wieder stellen sie fest, dass abends zuwenig Geld in der Kasse liegt. Einer dieser Chefs ist James Ritty, Inhaber eines Saloons in Dayton, Ohio. Als Ritty 1878 eine Schiffsreise nach Europa unternimmt, entdeckt er im Maschinenraum einen Apparat, der zuverlässig die Umdrehungen der Schiffsschraube zählt. Damit, so überlegt er, müsste es doch auch möglich sein, Zahlungen zu registrieren und den Langfingern das Handwerk zu legen.

Zurück in Dayton, beginnt Ritty zusammen mit seinem Bruder John, einen solchen Zählautomaten zu bauen. Für jeden Betrag zwischen 5 und 100 Cents gibt es eine Taste, die mit einer Klingel verbunden ist. Am Ende zeigt der Apparat auf einem Zifferblatt den Gesamtbetrag an. Ihre Erfindung nennen die Brüder Ritty’s Incorruptible Cashier – «Ritty’s unbestechlicher Kassierer» –, und 1879 wird diese erste Registrierkasse der Welt patentiert.

Zusätzlich zu ihrem Saloon errichten die Rittys eine kleine Fabrik, in der sie ihre Registrierkasse in Serie zu bauen beginnen. Indes, zwei Geschäfte auf einmal werden James Ritty zuviel. Er verkauft alle Anteile, und der neue Chef John Patterson verbessert die Kasse stark: Sie erhält ein Druckwerk mit Papierrolle für den Kassenbeleg, und ein Buchhaltungsjournal, das sämtliche Beträge aufzeichnet. Unter dem neuen Namen «National Cash Register Company» steigt NCR zum Weltmarktführer auf und ist heute, im Zeitalter digitaler Kassensysteme, ein Weltkonzern mit über 30 000 Mitarbeitern.

Was immer James Ritty beim kometenhaften Aufstieg seines früheren Geschäfts empfunden hat: Neid war nicht dabei. Mit Nachfolger John Patterson blieb er in Freundschaft verbunden.