Messer

Am Anfang war das Messer: Schon die ersten Werkzeuge des Menschen lassen sich mit heutigen Klingen vergleichen, und die ältesten davon sind mehr als 2,5 Millionen Jahre alt.

Ein Messer ist eine einfache und raffinierte Sache zugleich. Einfach: Feuerstein ist hart wie Bergkristall, und geschickt zurechtgeschlagen, ergibt er einen Faustkeil mit messerscharfer Kante. Und raffiniert: Der Druck wird durch die scharfe Schneide auf eine mikroskopisch schmale Fläche verteilt, so dass sich mit Feuerstein mühelos schneiden lässt.

Kein Wunder also, dass das Messer seit jeher nicht bloss Werkzeug und Waffe war, sondern auch Statussymbol. Erste kunstvoll geschlagene Feuersteinmesser, später Dolche und Schwerter aus Bronze, Eisen und Stahl wurden reich verziert und zeugten so weniger von Wehrhaftigkeit als vielmehr von Wohlstand. Das «Jewelled Sword of State», das der angehende britische König Georg IV 1820 für 6000 Pfund herstellen und mit Gold und Juwelen schmücken liess, gehört zu den britischen Kronjuwelen und gilt als kostbarstes Messer der Welt. So gesehen ist das Taschenmesser, das Schweizer Soldaten bei sich tragen, vom Rekruten bis hoch zum Viersternegeneral, sozusagen des Messers demokratische Form.

Und dann gibt es da noch das Musikmesser aus dem 16. Jahrhundert. Es sieht aus wie ein Fleischmesser mit Horngriff, doch auf der Klinge eingraviert sind Psalmen. Unwahrscheinlich, dass Tafelgäste Noten und Text von blutigen Messerklingen ablasen: Die Tischsitten der Renaissance, genauso wie der Zweck der Psalmenmesser, bleiben ein Rätsel.

Metronom

Mit dem Takt ist es so eine Sache: Lange Zeit war Musik entweder zu schnell oder zu langsam. Das änderte sich erst 1696, als der Musiker Étienne Loulié in Paris seinen «Chronomètre» entwarf, ein an der Wand hängendes Brett mit einer Skala und einem Fadenpendel mit Bleigewicht. Je nach Länge schlug das Pendel schneller oder langsamer aus. Dieses erste Metronom war zwar noch stumm, aber es erfüllte seinen Zweck.

Ludwig van Beethoven, Antonio Salieri und anderen war das allerdings nicht genau genug. Deshalb dachte sich 1815 der Instrumentenbauer Johann Nepomuk Mälzel das Metronom aus, das wir heute noch kennen: Eine aufziehbare Feder sollte, wie bei einer Uhr, das Pendel in Schwung halten. Mälzel suchte Rat bei einem deutschen Automatenbauer, der einen Prototypen konstruierte. Zurück in Paris, fügte Mälzel eine Skala hinzu und liess sein Metronom in grossen Stückzahlen anfertigen. Doch dann geriet die Geschichte aus dem Takt: Nach einem jahrelangen, wüsten Patentstreit wurde Mälzel die Urheberschaft wieder aberkannt. Sein Name hielt sich trotzdem: Noch heute tragen Partituren nach dem Tempowert die Abkürzung «MM», für «Mälzels Metronom».

Mechanische Metronome geben heute bei jedem Ausschlag ein vernehmliches Klacken von sich. Dieser Sound ist naturgemäss etwas eintönig, doch das hinderte den ungarischen Komponisten György Ligeti nicht daran, ein «Poème symphonique» für 100 Metronome zu schreiben. Alle werden bis zum Anschlag aufgezogen, auf verschiedene Tempi eingestellt und gleichzeitig gestartet – bis die anfängliche Kakophonie, nach 6 oder 7 Minuten, mit einem letzten «Klack» erstirbt.

Money

Ratternde Registrierkasse, rasselnde Münzen: Der Anfang des Songs «Money» der britischen Rockband «Pink Floyd», 1973 auf dem Album «The Dark Side of the Moon» erschienen, war ein aufnahmetechnisches Abenteuer. Komponist Roger Waters schüttelte einen mit Münzen gefüllten Kochtopf, und Schlagzeuger Nick Mason hatte angebohrte Pennies auf eine Schnur gefädelt. Auf das Geräusch-Intro folgt das ikonische h-Moll-Bassgitarrenriff im Sieben-Viertel-Takt, und dann entfaltet sich der Sechseinhalb-Minuten-Song zur epischen Absage an den schnöden Mammon.

«Money» wurde ein Welthit – Platz 13 in den «Billboard Hot 100», der einflussreichen US-Hitparade. Und seither wird das Stück immer dann zur akustischen Untermalung verwendet, wenn’s um Geld geht: als Soundtrack des Actionfilms «The Italian Job» von 2003 mit Mark Wahlberg in der Rolle des Safeknackers Charlie Croker, in Fernsehserien und Dokumentarfilmen.

Ausgerechnet «Money»: Bis dahin waren Pink Floyd nämlich arm gewesen wie Kirchenmäuse. Es kam vor, dass Veranstalter keine Gagen zahlten, weil sie meinten, was die Band da von sich gebe, sei gar keine Musik. Mit «The Dark Side of the Moon» sollte sich das gründlich ändern: Die Gesamteinnahmen der Band werden heute auf viele Hundert Millionen Euro geschätzt, und Ex-Bandleader Roger Waters, obwohl 1985 im wüsten Streit ausgeschieden, gilt als einer der zehn meistverdienenden Musiker der Welt.

Mosaik

Es gibt Archäologen, die in den Boden eingedrückte Steine und Knochen für das erste Mosaik der Geschichte halten: Im thüringischen Bilzingsleben entdeckten sie einen kreisrunden Platz, den Vorfahren des modernen Menschen vor sage und schreibe 400 000 Jahren dekoriert hatten. Mosaiken, wie wir sie heute kennen, ornamentale oder bildliche Darstellungen aus Stein– oder Glasplättchen, fertigten nachweislich schon die Sumerer und Ägypter im 3. Jahrtausend v. Chr., und in der Antike, bei Griechen und Römern, waren Mosaiken ganz besonders beliebt. Ihr Name kommt denn auch vom spätlateinischen opus musaicum, auf Deutsch «ein Werk für die Musen».

Mosaiken waren ein Statussymbol. Prachtvolle Fussböden finden sich in den Ruinen von Pompeji und Herculaneum; in Piazza Armerina auf Sizilien stehen noch heute die Mauern einer römischen Villa, deren Böden von riesigen, atemberaubend detaillierten Mosaiken bedeckt sind. In der Schweiz schliesslich, nahe dem Waadtländer Dorf Orbe, liess ein namentlich nicht bekannter Römer einen mehr als 100 Räume umfassenden Gutshof bauen, einen Palast mit Blick auf die Alpen, dessen Säle er mit Szenen aus der griechischen Mythologie schmücken liess – mit Theseus und dem Minotaurus etwa, oder Odysseus, der Achilles entdeckt, wie der sich bei den Töchtern des Lykomedes versteckt.

Mit dem Untergang des römischen Reiches verschwand auch das Mosaik aus der Schweiz – um erst im Intérieur des 19. Jahrhunderts wieder aufzutauchen: in öffentlichen Gebäuden der modernen Städte und, wie einst bei den Römern, in den Villen der Reichen.

mp3

Revolutionen sind ziemlich wohlfeil in einer Zeit, die sich anschickt, am besten gleich das ganze Leben zu digitalisieren. Bei der Musik ist ihr das schon gelungen, und deren Revolution heisst mp3. Selbst die Qualitätsmerkmale, ausgedrückt in Kilobit pro Sekunde, sind den Fans vertrauter als die eigene Schuhgrösse: 320 für wahren Hi-Fi-Genuss, 192 für den Alltag, und unter 128 tut’s keiner, der von Musik mehr versteht als die Schreibweise.

Zur Welt kam mp3 am Freitag, 14. Juli 1995 im Fraunhofer-Institut in Erlangen. An diesem Tag wurde die Dateiendung nach einer institutsinternen Umfrage festgelegt – ursprünglich hatten die Forscher ihr neues Datenformat nämlich bit nennen wollen. Die Forscher, das war vor allem der deutsche Elektrotechniker Karlheinz Brandenburg. Sein Forschungsgebiet war die Psychoakustik – mit dem Ziel, Audiodaten zu reduzieren, sprich: Musik zu verkleinern. Die ist nämlich selbst für moderne Geräte viel zu gross. Auch Handys tun das, und wie das dann klingt, hören wir jeden Tag.

Eine Sinfonie per Telefon? Ein Graus. Brandenbergs Verfahren ist viel raffinierter. Klänge, die das menschliche Ohr ohnehin nicht wahrzunehmen vermag, werden gar nicht erst mitgespeichert – unhörbar hohe Töne etwa oder leise unmittelbar nach lauten. Die Datenmenge der Musik wird so stark reduziert – bei 128 Kilobit pro Sekunde, etwa die Qualität von UKW, um mehr als 90 Prozent. Die Kehrseite: Die Feinheit des Klangs nimmt ab, und extrem komprimierte Musik klingt, als käme sie über Kurzwelle aus Bratislava.

Heute spricht niemand mehr von mp3, zu selbstverständlich ist das Format geworden. Doch ohne hätte die Musikrevolution nie stattgefunden.