Sirup

Sirup selber machen ist einfach: Früchte je nach Saison, mit etwas Wasser kochen, sieben, mit Zucker erneut aufkochen und heiss abfüllen – fertig ist der Sirup. Lagert man ihn kühl und dunkel, ist er monatelang haltbar.

Doch Sirup schmeckt nicht nur süss, er kann auch ein Medikament sein.

Was kranckheit ein mensch thuet peladen, dem kan ich helffn mit gottes gnaden durch ein sirob oder recebt, das seiner kranckheit widerstrebt, das der mensch wirt wider gesund,

dichtete im 16. Jh. der Nürnberger Meistersinger Hans Sachs. Sirup als Arznei, bei Verdauungsbeschwerden oder gegen Husten, kennen wir heute noch.

Das Wort Sirup kommt vom mittellateinischen siropus, und das wiederum aus der arabischen Heilkunde. Im «Kanon der Medizin», dem über Jahrhunderte einflussreichen Werk des persischen Arztes Ibn Sina aus dem 11. Jh., spielt die Herstellung heilender Sirupe eine wichtige Rolle. Heute dagegen bezeichnet das arabische شراب («scharab») von Saft bis Wein so gut wie jedes Getränk.

Softdrinks haben dem althergebrachten Sirup längst den Rang abgelaufen. Und doch sind sie im Grunde nichts anderes: Fruchtsaft- oder anderes Konzentrat ist leicht und kostengünstig zu transportieren; für den Offenausschank muss der Sirup nur noch mit Wasser verdünnt und mit Kohlensäure versetzt werden – «Postmix» nennt man das Verfahren. Ob Fanta, Sprite, Pepsi oder Cola: Am Anfang war auch hier der Sirup.

Spaghetti

Heisses Wasser, etwas Salz und eine Handvoll Spaghetti: Pasta, so könnte man sagen, sind das erste Fertiggericht der Geschichte.

Einer sehr langen Geschichte. Teigwaren stammen aus dem nördlichen China. Am Ufer des Gelben Flusses fanden Archäologen einen 4000 Jahre alten Topf, in dem sich noch Reste von Spaghetti befanden. Eine gigantische Flut hatte das jungsteinzeitliche Dorf überrollt, mit Mann und Maus und mitsamt dem Spaghettitopf, der kopfüber im Schlamm steckenblieb. In seinem Inneren bildete sich ein Vakuum, in dem die Teigwaren aus Hirsemehl überdauerten – bis zum Augenblick ihrer Entdeckung: Mit dem Ausgraben des Topfs gelangte das Jahrtausende alte Nudelknäuel an die frische Luft. Den Forschern blieb gerade genug Zeit, diese Ur-Spaghetti zu fotografieren; danach zerfielen sie vor ihren Augen zu Staub.

Nach Italien gelangten die Pasta lange vor Christi Geburt. In Gräbern der Etrusker, einem Volk in Norditalien, das später im römischen Reich aufging, finden sich farbenprächtige Fresken, die Nudelbrett, Nudelholz und Mehlsäckchen zeigen. Im 12. Jahrhundert, so berichtet der muslimische Geograph al-Idrisi, wurden auf Sizilien itryya bereits in grossen Mengen hergestellt. Itryya, in süditalienischen Dialekten trie, waren fadenförmige Spaghetti aus Hartweizen, die getrocknet und später in Salzwasser gekocht wurden.

Im vorindustriellen Italien waren Spaghetti eine Delikatesse, die, weil sehr aufwändig, grossen Festen vorbehalten war. Erst die maschinelle Verarbeitung des Nudelteigs machte aus den Teigwaren, was sie heute sind: eine Mahlzeit auf die Schnelle.

Stereo

Ein halbes Jahrhundert ist es her, da war der Röhrenempfänger Gegenwart, das Transistorradio Moderne, und Stereophonie Inbegriff der Zukunft. Klang, dessen Ursprung sich im Raum orten liess – das war eine Art achtes Weltwunder.

Stereo
Heute, da Konzertsäle in jedem Handy Platz finden, ist kaum mehr vorstellbar, mit welcher Andacht die ersten Stereoaufnahmen gehört wurden. Dabei ist die Technik rasch erklärt: Eine Stereoaufnahme gibt zwei Aufnahmen wieder, Aufnahmen, die mit verschiedenen Mikrofonen an unterschiedlichen Orten gemacht wurden, jede davon auf ihrem eigenen Kanal. Die Aufnahme des einen Mikrofons bei den Geigen im linken, die des anderen zwischen Celli und Bässen im rechten Ohr: Das liess den Musikfan gleichsam zum Dirigenten werden. Anlagen, die den Stereoeffekt voll zur Geltung bringen konnten, waren nicht Unterhaltungselektronik, sondern Hausaltar.

Stereo ist Griechisch und kommt von stereos, «hart», «starr» oder «Raum». Erste Experimente gab es bereits 1940 im Walt-Disney-Zeichentrickfilm «Fantasia», dessen Stereoton allerdings nur wenige Kinos wiedergeben konnten. Instrumente links, Gesang rechts: Das war es, was die Beatles unter stereo verstanden, und andere Bands liessen den Popsound von links nach rechts und wieder zurück wandern – ein Pingpong-Effekt, der den Freundeskreis in Andacht erstarren liess.

Nicht überall aber wurde die neue Technik verehrt. Mit «Fünf Mann Menschen» produzierten 1968 Ernst Jandl und Friederike Mayröcker das erste vollständig in Stereo produzierte Hörspiel. Indes: Das mit dem renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnete Stück galt dem deutschen Hörspielpapst Heinz Schwitzke als «Kind einer Zeit des Überflusses und des Konsums».

Styropor

Träume sind Schäume, und Styropor ist ein Traum von einem Schaumstoff. Er ist billig, leicht, formbar, dabei aber druckfest, wetterfest, isoliert gegen Strom und gegen Kälte, lässt sich mit heissem Draht schneiden und nach Gebrauch vollständig wiederverwerten. Wir kennen den Stoff als Platte, die Häuser isoliert, und als Verpackung, die Eier und Computer schützt.

Am Anfang stand der Zufall. 1835 kaufte der Berliner Apotheker Eduard Simon eine Menge Harz des Amberbaums, der auf Rhodos und in der Türkei wächst. Dieses Harz namens «Styrax» wurde seit jeher für Arznei, Räucherwerk und Parfüm genutzt. Simon destillierte das Harz, erhielt eine klare Flüssigkeit, die er «Styrol» nannte, und wenn er das Wässerchen ein paar Monate lang stehen liess, war es auf einmal keines mehr, sondern vielmehr eine dickflüssige Masse – eine Substanz namens «Polystyrol», der Vater des Stoffs, aus dem die Schäume sind.

Gut 100 Jahre später experimentierte der BASF-Chemiker Fritz Stastny weiter, vergass dabei prompt eine der Proben – und erlebte sein blaues Wunder: «Klare Lösung bei Raumtemperatur bis 1. Dezember 1949 gelagert», schrieb er in sein Laborjournal. «Durchsichtige harte Scheibe entnommen. Diese Scheibe, die in einer Schuhcremedose im Trockenschrank vergessen worden war, verwandelte sich in den folgenden 36 Stunden zu einem kleinen Schaummonster. Der Dosendeckel sass neckisch wie eine Baskenmütze auf einem 26 Zentimeter hohen Schaumstrang.»

Damit war der Styropor erfunden. Nur auf einen einheitlichen Markennamen konnte man sich nie einigen, und so heisst der Stoff von Land zu Land anders: in Deutschland «Styrodur», in Österreich «Austrotherm», in Ungarn «Hungarocell» und in der Schweiz «Sagex».

T-Shirt

Warum das T-Shirt auf Deutsch «T-Hemd» heisst, wird jedermann spätestens beim Bügeln klar. Im 19. Jahrhundert hiess das T-Shirt noch «Leibchen» und blieb unsichtbar – die Unterwäsche offen zu tragen, wäre ausgesprochen unschicklich gewesen. Die Bezeichnung «T-Shirt» taucht zum ersten Mal 1920 im englischen Wörterbuch Merriam-Webster auf – als «kragenloses, kurzärmliges oder ärmelloses Unterhemd, zumeist aus Baumwolle».

So einsichtig der Name, so undurchsichtig die Herkunft: Darüber, wie aus dem Leibchen unser allgegenwärtiges T-Shirt wurde, gibt es wenig Klarheit, dafür aber einige Theorien. Eine davon besagt, dass das T-Shirt aus der Seefahrt kommt. Seeleute trugen seit jeher ein knopfloses «Takelhemd»; die kurzen Ärmel sollen anlässlich einer Inspektion der Royal Navy durch Queen Victoria im Jahr 1900 dazugekommen sein. Wie zweckmässig so ein Shirt war, wusste die US-Navy bereits seit dem Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898: T-Shirts waren Teil der Uniform und wurden vorschriftsmässig unter dem Hemd getragen. Doch bald schon zogen die Matrosen bei grosser Hitze an Bord ihr Uniformhemd aus und trugen bloss noch das Unterhemd. Mit Filmauftritten in den Fünfzigern schliesslich, am Leib von Idolen wie Marlon Brando oder James Dean, wurde das T-Shirt endgültig zum Inbegriff von Rebellion und Sexyness.

Ob Mann oder Frau: Heute ist das T-Shirt textiler Alltag. Rasch-rasch oder gar nicht gebügelt und in Sekunden übergezogen, ist es ebenso praktisch wie akzeptiert. Sein grösster Erfolg aber ist sein Name. «Leibchen», «Ruderleibchen» oder, in Ostdeutschland, «Nicki» – das amerikanische «T-Shirt» hat sie alle verdrängt.