Plexiglas

Plexiglas ist ein Wundermaterial. Es ist klar wie Glas, aber es zerbricht nicht, es ist wetterbeständig, es lässt sich erhitzen und beliebig verformen. Gebogene Frontscheiben für die stromlinienförmigen Autos der Dreissigerjahre, verglaste Balkone, extravagante Deckenlampen, Leuchtreklamen und durchsichtige Hauben für Musikautomaten in den Fünfzigern, Uhrgläser, Geschirr, transparente Plattenspielerhauben und ganze Stadiondächer in den Sechzigern: Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Bloss: Was ist Plexiglas? Plexiglas, manchmal auch Acrylglas genannt, ist ein Markenname für einen Kunststoff namens Polymethylmethacrylat. Sein Entdecker heisst Otto Röhm. Röhm war ein Apotheker, der davon träumte, Akrylkautschuk, eine Art künstlichen Gummi, herzustellen – was ihm indessen nie gelang. Allerdings hatte ihn seine jahrzehntelange «Gummiarbeit», wie er es nannte, zu einem erfolgreichen Chemieunternehmer gemacht.

Anfang der Dreissigerjahre arbeitete Röhms Firma an der Entwicklung von mehrschichtigem Sicherheitsglas, und dabei kam Meister Zufall zu Hilfe: Eines Abends liess ein Forscher im Labor in Darmstadt eine Flasche mit empfindlichen Chemikalien am Fenster stehen. Als am nächsten Tag die Sonne aufging, liess eine heftige chemische Reaktion die Flasche zersplittern; zurück blieb ein Block aus festem, durchsichtigem Kunststoff. In weiteren Versuchen verfeinerten Röhm und sein Team das Verfahren, 1933 wurde der auf den Namen «Plexiglas» getaufte Stoff als Marke angemeldet und trat seinen Siegeszug durch die Designwelt an.

Poka Yoke

Fehler vermeiden ist besser – und billiger – als Fehler korrigieren. Diese Erfahrung machte auch der japanische Autobauer Toyota in den 1960er-Jahren. Bei Toyota kam es nämlich vor, dass Arbeiter beim Zusammenbau eines Druckschalters vergassen, unter dem Knopf eine Feder einzulegen. Einmal gedrückt, liess sich der Kontakt nicht mehr unterbrechen – unter Umständen ein fataler Fehler. Der für das Qualitätsmanagement verantwortliche Ingenieur Shingo Shigeo dachte sich daher ein Vorbeugungskonzept aus, das er «Poka Yoke» nannte, auf Japanisch soviel wie «unglückliche Fehler vermeiden». Das funktioniert so: Wenn man weiss, wie ein Fehler entsteht, kann man die Bedingungen so verändern, dass er gar nicht mehr auftreten kann.

Das «Poka Yoke»-Konzept teilte den Montageprozess des Druckschalters neu in zwei Schritte auf: Als erstes wurde die Feder von Hand in das nötige Werkzeug eingelegt, erst danach wurde mit eben diesem Werkzeug der Schalter montiert. Wenn nun bei der Vorbereitung für den nächsten Schalter die Feder schon bereitlag, wusste der Arbeiter, dass etwas schiefgelaufen war.

«Poka Yoke» finden wir heute überall. Ein Auto mit manuellem Getriebe lässt sich nur starten, wenn die Kupplung gedrückt ist. Die SIM-Karte lässt sich dank der einen abgeschrägten Ecke bloss auf eine – die richtige – Art einlegen. Und damit wir am Geldautomaten die Bankkarte nicht vergessen, müssen wir immer zuerst die Karte entnehmen – erst danach wird das Geld ausgegeben. Und wenn wir selbst das vergessen sollten, kommt gleich nochmal «Poka Yoke» zum Zug: Die Noten werden nach kurzer Zeit ganz einfach wieder in den Automaten zurückgezogen.

Pong

Schlichter könnte der Name nicht sein: «Pong» heisst das Game – ein grauer Strich als Schläger, ein Punkt als Ball, ein Zähler. Voilà. Graue Linien auf schwarzem Grund – mehr brauchte es vor vierzig Jahren nicht, um Menschen in Massen vor den Bildschirm zu bannen.

Pong
1972 in den USA vom Radio- und Fernsehbauer Magnavox gebaut, ist «Pong» sozusagen die reduktionistische Form des Tischtennis. Der Ballpunkt bewegt sich hin und her, prallt vom Schlägerstrich ab, und falls nicht, weil daneben, gibt’s einen Punkt für den Gegner. Beim Ur-«Pong» war das noch ein Mitspieler aus Fleisch und Blut, der – genau wie man selbst – einen Ur-Joystick aus grauem Plastik in den schweissnassen Händen hielt. Heute (im Web gibt es Abertausende spielbarer «Pongs») wird gegen einen Computergegner gesmasht.

«Pong», am Anfang noch ein fest verdrahteter, von Hand gelöteter Schaltkreis, ist der Urvater aller Computerspiele. Der wahre Kampf allerdings fand neben dem Bildschirm statt. «Pong»-Erfinder Magnavox erfuhr kurz nach der Einführung, dass Konkurrent Atari das Spiel ebenfalls auf den Markt gebracht hatte. Vor Gericht konnte Magnavox hieb- und stichfest beweisen, dass Atari-Gründer Nolan Bushnell höchstpersönlich die Idee geklaut hatte. Die Geldstrafe allerdings, satte 700 000 Dollar, erwies sich als glänzende Investition. In nur zwei Jahren nämlich verkaufte Atari 8000 Pong-Automaten, jeder davon schrankgross und ein Vermögen wert.

Nicht nur seine Existenz, sondern auch den Namen verdankt das Spiel der Juristerei. Der Name Pingpong war nämlich geschützt, und so liess Atari das «Ping» einfach weg. So hat Pong eine erstaunliche Karriere gemacht: Computergames sind heute eine Kunstform, und «Pong» ist Kultur.

Post-it

Sollte das papierlose Büro jemals Tatsache werden – sie werden unersetzlich bleiben: die kanariengelben, quadratischen, auf der Rückseite mit Spezialkleber versehenen Merkzettel namens «Post-it». Auf ihnen notieren wir Aufgaben, Einkaufslisten, Liebesbriefe, und dann kleben wir sie lustvoll in Bücher, auf Kühlschranktüren und Fensterscheiben. Kaum zu glauben, dass wir dem patenten Klebezettel schon seit 30 Jahren auf den Leim gehen.

Post-it
Post-it
Ende der sechziger Jahre knobelte der Chemiker Spencer Silver von der Minesota Mining and Manufacturing Company, kurz 3M, an einem Superkleber der Zukunft herum. Doch das einzige, was Silver in jahrelanger Forschung zustande brachte, war eine klebrige Masse, die zwar auf jeder Oberfläche haftete, aber auch genauso leicht wieder abzulösen war.

Das rief Silvers Kollegen Art Fry auf den Plan. Der war, so will es jedenfalls die 3M-Firmengeschichte, begeisterter Sänger im Kirchenchor und ärgerte sich immer wieder über die aus dem Gesangbuch herausfallenden Notizen. Also schnitt sich Fry handliche Zettel zurecht, borgte sich etwas Testleim von seinem glücklosen Kollegen – und fertig war das erste Post-it. Es haftete zuverlässig im Gesangbuch und liess sich nach Gebrauch mühelos und ohne Rückstände wieder entfernen.

Heute kleben Post-its zu Abermillionen an den aberwitzigsten Orten und Örtchen, und längst gibt es auch Post-it-Software und -Onlinedienste, die fast genau so simpel sind. Aber eben nur fast. Denn bevor wir zu den virtuellen Merkzetteln greifen können, müssen wir uns anmelden – natürlich mit dem Passwort, das wir uns nie merken können. Weshalb wir es notieren und, als Post-it, auf den Bildschirm kleben.

Protektionismus

Das Erheben von Zöllen ist eine praktische Sache. Dem Staat bescheren sie Einnahmen, und der Wirtschaft bieten sie Schutz vor billiger Konkurrenz aus dem Ausland. Aussenhandelspolitik mithilfe von Schutzzöllen nennt man nach dem lateinischen Wort für «Schutz» Protektionismus.

Historisch gesehen ist freier Handel die Ausnahme und Protektionismus die Regel,

schrieb 1993 der angesehene Wirtschaftshistoriker Paul Bairoch. Protektionismus hat durchaus Vorteile. Die Schutzzollpolitik Otto von Bismarcks 1878 etwa stützte die Preise im deutschen Kaiserreich mit Abgaben auf Eisen, Getreide, Holz und Vieh, aber auch Tabak, Tee und Kaffee, was tatsächlich die wirtschaftliche Entwicklung förderte. Dann aber zeigte sich: Preise und Lebenshaltungskosten stiegen, Löhne und Nachfrage blieben tief, die Auslandsabhängigkeit der Industrie wuchs. Gleichzeitig lief die deutsche Politik ins Leere, weil die umliegenden Staaten ebenfalls in die protektionistische Trickkiste griffen. Deutschlands Exporte schrumpften, die noch junge Chemie-, Elektro- und Maschinenindustrie litt.

Protektionismus kann beim Aufbau neuer Wirtschaftszweige helfen, die noch nicht wettbewerbsfähig genug sind. Entwicklungsländer wie China stiegen auch dank breit verhängter Schutzzölle zu Industrieländern auf. Trotzdem wird Protektionismus heute in einer unaufhaltsam globalisierten Welt kritisch gesehen. Er behindert den Handel und schützt unwirtschaftliche Branchen, hält die Preise künstlich hoch und schadet damit mehr, als er nützt. Aber: Drohungen wie die des US-Präsidenten Donald Trump gegen Deutschland und China zeigen, dass die Tage des Protektionismus noch lange nicht gezählt sind.