Neurofinanz

Unser Hirn besitzt Zentren für Furcht, Zorn, Freude, Trauer, Vertrauen, Ekel, Überraschung oder Neugier – aber keines für Geld. Die Verhaltensökonomen, Hirnforscher und Psychologen der Neurofinanzforschung haben herausgefunden, dass Geldsachen nur unmassgeblich im präfrontalen Cortex entschieden werden, der für verstandesmässiges Überlegen und das Regulieren der Gefühle zuständig wäre, sondern viel stärker im limbischen System, dem Sitz von Triebhaftigkeit und Emotion. Kontostand und Börsenkurs werden unmittelbar übersetzt: Gewinn in Glück, Verlust in Schmerz. Einen Kursverlust kann unser Hirn dabei nicht von einem verstauchten Fuss unterscheiden. Es tut weh, und wir greifen zur Abwehr der Urzeit, Kampf oder Flucht.

Als erstes rufen wir das Programm «Kampf» ab: Wir sind frustriert und kühlen unser Mütchen mit einem erbosten Anruf bei der Bank. Die Prozedur «Flucht» dagegen ist Abwiegeln – am besten gar nicht hinsehen. Fällt der Kurs weiter und weiter, beginnt die Nebennierenrinde Stresshormone auszuschütten. Unser Hirn fällt in den Panikmodus – und Panik ist die Mutter aller Börsencrashs. Selbst bei einem Gewinn wird der Verstand ausgeschaltet: Registriert das Hirn nämlich einen Profit, will es ihn haben, hier und jetzt. Das Belohnungszentrum namens nucleus accumbens wird aktiv, und was noch lange Gewinne abgeworfen hätte, wird zu früh verkauft.

Deshalb, sagen Neurofinanzforscher, verdient der durchschnittliche Anleger auf die Dauer auch kein Geld: Unser steinzeitliches Hirn ist mit der Komplexität der Börse überfordert. Wenn’s um Geld geht, regiert nicht der Kopf, sondern der Bauch.

Parkett

Parkettböden, versiegelt oder geölt, sind zeitlos elegant und sehr beständig. Sie sind so alt wie die Architektur. Bei Steinböden nämlich zeigte sich oft ein Problem: Beim Fegen drang regelmässig Wasser durch die Fugen, was die tragenden Balken darunter morsch werden liess. Im Mittelalter waren daher unbehandelte Holzbohlen ein einfacher, robuster Zweckbelag.

Das änderte sich, als der französische König Louis XIV im Jahr 1677 das Schloss Versailles zum offiziellen Regierungssitz machte. Um den Hofstaat aufnehmen zu können, musste der Palast um- und ausgebaut werden. Den Boden des neuen Spiegelsaals liess Architekt Jules Hardouin-Mansart mit rautenförmigen Tafeln aus französischer Eiche belegen. Tatsächlich kommt «Parkett» vom Diminutiv von parc und bedeutete «abgetrennter Raum» oder «hölzerne Einfassung».

Die Herstellung der Tafeln war alles andere als trivial. Die Grösse der einzelnen Kassetten musste perfekt auf den 73 Meter langen und 10,5 Meter breiten Prunksaal und die an den beiden Enden gelegenen Salons abgestimmt werden. Eine erste Parketttafel wurde gezeichnet, und nach ihr hatten sich alle Gesellen und Lehrlinge bis ins letzte Detail zu halten.

Das charakteristische Flechtmuster aus Eichenholz wurde bald zum Inbegriff höfischer Eleganz. Wer etwas auf sich hielt – erst Adel und Kirche, schliesslich wohlhabende Bürger –, liess seinen Salon mit Versailler Parkett schmücken. Und wenn die Kasse stimmt, wird das Parkett des französischen «Sonnenkönigs» bis heute verlegt.

Postscheck

Noch vor 150 Jahren war Bezahlen eine umständliche Sache. Man musste Bargeld mit sich tragen – bei Hunderten verschiedener Münzen allein auf dem Gebiet der Schweiz alles andere als trivial. Der Gläubiger wiederum musste über Wechselgeld verfügen. Und ob man den Weg selbst unter die Füsse nahm oder einen Boten schickte: Immer konnte etwas schiefgehen, sehr zur Freude der Langfinger.

Abhilfe tat Not. Am 1. Januar 1906 nahm die Schweizerische Post daher ein Zahlungssystem in Betrieb, das ohne Bargeld auskam – nach dem Vorbild Österreichs, das einen solchen Dienst bereits seit 1883 besass. Erstaunlich genug: Für das Geschäft mit dem Überweisen von Geld hatten sich die Banken nie interessiert – zu klein die Beträge, zu gross der Aufwand. Ohnehin wurden die Zahlungen Anfang des 20. Jahrhunderts noch in bar vorgenommen: Der Zahltag steckte noch in der Lohntüte aus Papier, die Miete drückte man dem Hausbesitzer persönlich in die Hand.

Der neue Postscheck-Dienst war ein Kassenschlager. Der sichtbare Teil des neuen Service war der Einzahlungsschein (wie dieser korrekt auszufüllen war, wurde lange Zeit sogar an den Schulen gelehrt). Nachgelagert aber bestand der Dienst aus einer mächtigen staatlichen Infrastruktur, bestehend aus den vielen Poststellen, an denen man die Zahlungsaufträge aufgab, den Postscheckämtern, die die Aufträge sammelten, und schliesslich den Rechenzentren, in denen die Anweisungen anfangs manuell, seit den 1970er-Jahren dann zunehmend maschinell verarbeitet wurden.

Heute ist bargeldloses Zahlen Alltag. Doch schon steht die nächste Revolution vor der Tür: das kontaktlose Bezahlen per Handy und per Smartwatch.

Preise, gebrochene

Mineralwasser für Fr. –.95, Duschmittel für 2.90, Waschpulver für 23.95 – die Preise von Produkten folgen den Regeln der Preispsychologie. Und die besagen: Was 14 Franken kostet, wirkt teurer als als bei Fr. 13.99, auch wenn am Ende fast genau derselbe Betrag in der Kasse liegt.

Bloss: Der Ursprung dieser sogenannten «gebrochenen Preise» liegt nicht in der Wahrnehmung, sondern im Verhindern von Diebstahl. Wer Anfang des 20. Jahrhunderts im Verkauf arbeitete und selbst mehr schlecht als recht über die Runden kam, lebte mit der ständigen Versuchung, den runden Betrag einzukassieren – und, wenn der Chef gerade nicht hinsah, einzuheimsen. Das konnte auf die Dauer nicht gutgehen, und die Chefs rüsteten auf. Sie beschafften eine Registrierkasse, die alle Beträge auf eine Papierrolle druckten, und sie setzten die Preise so fest, dass der Verkäufer gezwungen war, zur Kasse zu gehen, um dem Kunden das Rückgeld auszuhändigen.

Dass sich gebrochene Preise tatsächlich positiv auf die Umsätze auswirken, lässt sich bis heute wissenschaftlich nicht belegen. Versuche mit runden oder auf .95 oder .99 gedrückten Preisen ergaben kaum je ein eindeutiges Ergebnis. Doch die Faustregel, gebrochene Preise seien gut fürs Geschäft, hat längst ein Eigenleben entwickelt. Ein Experiment aus dem Jahr 2003 von der Universität von Chicago und dem MIT zeigt, dass Kunden gebrochene Preise geradezu erwarten: Den Versandhauskatalog eines Modehauses gab es in unterschiedlichen Versionen – in der einen kostete ein bestimmtes Kleidungsstück 34, in der anderen 39 Dollar. Das teurere, mit einer 9 am Schluss, wurde häufiger gekauft.

Quengelware

Bonbons und Schokoriegel im Gestell bei der Kasse heissen deshalb «Quengelware», weil sie Kindern regelmässig die Tränen in die Augen und Eltern die Zornesröte ins Gesicht treiben. Weil Kindertränen aber ziemlich gute Argumente sind, wird Quengelware überdurchschnittlich oft gekauft. Und deshalb wird sie ganz bewusst in der sogenannten «Bückzone» platziert, wo sie Kindern förmlich ins Auge fällt. Dabei liegt die Auslage meistens auf der rechten Seite, weil die meisten Menschen Rechtshänder sind und eher Waren betrachten, die rechts ausliegen – aus diesem Grund finden sich in Supermärkten rechts die gewinnträchtigeren Waren, links dagegen die alltagsnotwendigen. An der Kasse schliesslich wäre eine Platzierung längs des Gangs ein Hindernis, weil so die Auslage nur aus dem Augenwinkel sichtbar wäre. Deshalb wird Quengelware quer zur Blickrichtung ausgelegt – und ist damit unübersehbar. Manche Supermärkte gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie vermeiden eine Präsentation in geordneten Reihen und schütten die Quengelware statt dessen in einen Regalkorb – die scheinbar nachlässig ausgelegten Artikel, absichtlich in kleine Hüllen abgepackt, suggerieren dabei einen besonders tiefen Preis, was die Bereitschaft genervter Eltern erhöht, dem Betteln der lieben Kleinen nachzugeben.

Das Prinzip «Quengelware» ist unter Beschuss geraten, weil Süssigkeiten für kindliches Übergewicht mitverantwortlich sind. Nachdem die Stadt Berkeley in Kalifornien Süssigkeiten bereits ganz aus dem Kassenbereich verbannt hat, soll das strategische Platzieren von Quengelware in Grossbritannien noch in diesem Jahr verboten werden.