Panik

Zu Hunderten bevölkerten die Götter den Olymp, doch auch sie wurden zuweilen vom Teufel geritten. Davon erzählen lustvoll die Sagen der griechische Mythologie. Einer dieser Götter war der Wald- und Hirtengott Pan, der Sohn des Hermes und einer Nymphe. Weil klein Pan mit Hörnern, Hufen und einem Bart zur Welt kam, setzte ihn seine entsetzte Mutter kurzerhand aus. Halb Mensch, halb Ziegenbock – auf dem Olymp fand Pan keinen Platz, so dass er mit Arkadien vorlieb nehmen musste.

So göttlich seine Abstammung, so teuflisch seine Anwandlungen. Aus purer Niedertracht und in der glühenden Stille des Mittags, so will es die Sage, pflegte Pan mit einem lauten Schrei ganze Herden in Angst und Schrecken zu versetzen und in eine zügellose Flucht zu jagen. «Panisch» heisst denn auch nichts anderes als «dem Hirtengott Pan gleich», und über das griechische Adjektiv «panikós» und das französische «panique» ist der panische Schreck im 18. Jahrhundert auch in deutsche Auen eingefallen. Dabei erschreckt Pan durchaus auch Herden im übertragenen Sinn: «Ein panisches Schrecken bemächtigte sich aller Zuhörer», schildert Karl Philipp Moritz in seinem Roman «Anton Reiser» 1785 die Wirkung, die der wortgewaltige Pastor Paulmann mit seiner donnernden Predigt erzielt. Das psychologische Phänomen, das wir heute unter Panik verstehen, beschreibt Detlev von Liliencron präzise in einem Gedicht von 1903:

Es hält nicht länger die Gesellschaft fest,
Ein Hasten, Schieben, Schubsen, Stossen, Schrein,
Panik und Flucht aus dem verfluchten Nest,
Ein jeder will der erste draussen sein.

Bedrängnis und Beklemmung sind tatsächlich der Ursprung aller Angst: «Angst» allerdings heisst schon seit Jahrtausenden so und stammt nicht von Göttern ab, sondern vom indogermanischen Wort für «eng».

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