Visicalc

Harvard Business School, Cambridge, Massachusetts, Frühling 1978: Der Professor entwirft ein Geschäftsmodell, das er mit Kreide in Zeilen und Spalten an die Wandtafel schreibt. Jedes Mal, wenn sich einer der Parameter ändert, nimmt er den nassen Schwamm zur Hand, wischt Feld für Feld sauber, um dann säuberlich die neuen Werte zu notieren.

Einer der Studenten, der 26-jährige Informatiker Dan Bricklin, langweilt sich zu Tode. Er träumt von einem Display, wie es die Kampfpiloten in ihren Jets haben, das Zahlen anzeigen und im Nu addieren kann. Später, beim Radfahren an der Küste, wird ihm klar: Auswischen, Neuberechnen und neu Darstellen ist ein Fall für den Computer. Zusammen mit seinem Kollegen Bob Frankston programmiert Bricklin in den kommenden Monaten eine neuartige Software für den damaligen «Apple II». «Visicalc», so nennen die beiden ihr Programm, stellt Text oder Zahlen in einer beliebig grossen Tabelle dar, und jede einzelne Zelle ist in der Lage, Berechnungen jeder Art durchzuführen. Mit «Visicalc», dieser ersten Tabellenkalkulation der Geschichte, wird der «Apple II» mit einem Schlag zum Universalwerkzeug für Finanz und Wissenschaft. Es ist das Programm, das IBM erst auf den Gedanken bringt, nicht länger nur schrankgrosse Industrierechner, sondern neu auch Personalcomputer herzustellen.

Visicalc, die Urmutter von Excel & Co., ist ein durchschlagender Erfolg und löst eine technologische Weltrevolution aus. Ironie der Geschichte: Auf eine Patentanmeldung haben die beiden begnadeten Erfinder verzichtet, weil ihnen die Kosten zu hoch und die Chancen zu klein erschienen.

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