«Schandflöte» klingt nach musikalischer Erbauung, ist aber so ziemlich das genaue Gegenteil: ein mittelalterliches Folterinstrument. Die Schandflöte, das war eine eiserne Schelle, die man um den Hals des Delinquenten legte. An die Schelle geschmiedet war ein Eisenrohr das aussah wie eine Klarinette oder Flöte und das auf seiner Oberseite eine Zwinge trug. Der Übeltäter wurde gezwungen, beide Hände zwischen Rohr und Zwinge zu legen; zwei Schrauben pressten die Eisen zusammen und klemmten die Finger ein. Der Bemitleidenswerte wurde daraufhin in der Stadt herumgeführt und dem Spott eines schaulustigen Publikums preisgegeben. Um die allgemeine Aufmerksamkeit noch zu erhöhen, gingen nicht selten Büttel, Trommler und Pfeifer voran.
Solche Schand- oder Ehrenstrafen wurden verhängt, wenn der Täter eine Geldstrafe nicht hätte zahlen können und ausser seiner Ehre nichts zu verlieren hatte. Die eingesetzten Werkzeuge richteten sich dabei mit Vorliebe nach dem Vergehen: Schlechte Musikanten oder Bettler wurden mit der Schandflöte (oder auch der ähnlich gebauten Halsgeige) bestraft, notorische Spieler wurden gezwungen, eine Kette aus fussballgrossen Eisenwürfeln um den Hals zu tragen, Trunkenbolde wurden ins Schandfass gesteckt, das den Kopf freiliess und ein Verstecken unmöglich machte.
Die Züchtigung war dabei noch das Geringste: Die Bestraften wurden öffentlich gedemütigt, verloren ihr Ansehen und wurden, zumindest eine Zeitlang, vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Wer also einmal gezwungen war, die Schandflöte zu tragen, vermied es tunlichst, nochmal als schlechter Musikant aufzutreten.