Billard

Es war sein Lieblingsspiel: Der Kupferstich von 1694 zeigt Frankreichs König Louis Quatorze beim Billard mit seinem Bruder Philippe, dem Herzog von Orléans, und seinen adligen Freunden. Die königliche Partie war dem heutigen Billard schon sehr ähnlich – langer Tisch mit seitlicher Bande, damit die Kugeln nicht zu Boden fielen, die Queues, mit denen die Kugeln gestossen wurden. Doch nicht alles war gleich: Auf dem Tisch standen Hindernisse wie Stäbe oder Bögen, und die Queues waren krumm und sahen ein bisschen aus wie die Schläger beim Minigolf. Von ihnen kommt im übrigen auch das Wort: Ein billard war der krumme Stab, den man zum Spielen brauchte, und der wiederum kam von bille, dem Wort für «Kugel».

Schon zu Zeiten des Sonnenkönigs war Billard ziemlich international: Das Buch «The Compleat Gamester», 1674 in London gedruckt, beschreibt Billard als ebenso kultiviert wie genial. Es komme ursprünglich aus Italien, steht da, und es werde in allen Ländern Europas gespielt, ganz besonders in England, wo es in vielen Städten schon öffentliche Billardtische gebe.

Heute sind die Queues lang und gestreckt, und auf dem Tisch stehen keine Hindernisse mehr. Und doch ist Billard nicht gleich Billard: Heute wird Pool gespielt, Snooker, Karambolage oder Russisches Billard, um nur die bekanntesten zu nennen. Das Völkerverbindende aber ist geblieben: Als wohl erste Sportart überhaupt führte Billard 1873 in New York Profi-Weltmeisterschaften durch, und noch heute erzielen WM-Spitzenpartien im Sportfernsehen hohe Einschaltquoten.

Blau

Für Physiker ist Blau reflektiertes Licht mit einer Wellenlänge zwischen 420 und 490 Nanometer. In der Netzhaut sitzen lichtempfindliche Nervenzellen, die ihrer Form wegen auch Zapfen heissen. Es gibt drei verschiedene Typen davon, und einer davon ist auf Blauviolett spezialisiert. Für Blau zuständige Zapfen verarbeiten nur ein schmales Band des gesamten Spektrums und reagieren empfindlich auf Anteile von Rot. Dann kippt die Empfindung von blau übergangslos ins Violette.

Blau hat seit jeher auch eine kulturelle Bedeutung. In der katholischen Kirche zum Beispiel galt Blau lange als Farbe der heiligen Maria, bis es 1570 aus der liturgischen Palette gestrichen wurde. Doch blau galt auch als Farbe der Täuschung. Davon zeugen bis heute Redensarten wie «sein blaues Wunder erleben» oder «das Blaue vom Himmel herunterlügen».

Für die meisten Menschen soll Blau Stabilität, Ausgeglichenheit und Ruhe ausstrahlen. Fatale Fehler am Computer werden auf blauem Hintergrund angezeigt, angeblich um die User nicht in Panik zu versetzen. Das zumindest ist falsch. Der Grund für das Blau beim sogenannten «Bluescreen» ist völlig lapidar: Die Workstation, die der frühe Windows-Entwickler John Vert benutzte, zeigte beim Aufstarten Systeminformationen in weisser Schrift auf blauem Grund an; die Software, die er zum Programmieren benutzte, tat dasselbe. Weiss auf blau, fand Vert, sei doch auch für Fehler das naheliegendste.

Blockbuster

Alles begann 1917, mit einem spektakulären Urteil des höchsten Gerichts der Vereinigten Staaten. Dem Supreme Court in Washington D.C. lag ein Gesetz von Louisville, Kentucky, vor, das den Verkauf von Liegenschaften in von Weissen bewohnten Stadtvierteln an Käufer anderer Hautfarbe verbot. Dieses Gesetz, so befanden die Richter, verletze die Vertragsfreiheit und sei daher ungültig.

Was wie ein Sieg im Kampf gegen die Rassentrennung aussah, erwies sich als Goldgrube für halbseidene Immobilienmakler. Ihr Trick nannte sich blockbusting: Weil sich nun jedermann, egal welcher Hautfarbe, überall, egal an welcher Strasse, einkaufen konnte, boten die Händler ein Haus, das in einem bisher nur von Weissen bewohnten Viertel lag, einer schwarzen Familie an, die den übervölkerten Ghettos entfliehen wollte. Darauf streuten sie das Gerücht, weitere farbige Familien seien dabei, in die Nachbarschaft zu ziehen. Wo sich Rassenvorurteile hartnäckig hielten, begannen immer mehr weisse Hausbesitzer, zu verkaufen. In gewissen Vierteln machte sich gar eine regelrechte Panik breit, und je mehr Verkäufer, desto tiefer die Verkaufspreise. Am Ende rieben sich die Makler die Hände und verkauften die leerstehenden Häuser tatsächlich an Farbige, allerdings mit einem unverschämten Aufschlag.

In seiner wörtlichen Bedeutung, «einen Häuserblock weg- oder leerfegen», bedeutete blockbuster in den 1940er-Jahren eine verheerende Fliegerbombe und, im Oxford English Dictionary, einen erfolgreichen Musikfilm. Die Herkunft aus Halsabschneiderei und Rassismus dagegen ging allmählich vergessen.

Blut, blaues

«Blaues Blut in den Adern haben» bedeutet, dem Adel anzugehören. Im mittelalterlichen Kastilien war das gar nicht so falsch. Nachdem die Mauren im frühen 8. Jahrhundert die dort ansässigen Westgoten verdrängt hatten, wurde Spanien jahrhundertelang von Herrschern mit dunkler Haut regiert. Die alte Oberschicht aber mit ihren gotischen Vorfahren wies oft eine helle Haut auf, durch die sich Adern und Venen gut sichtbar – und eben bläulich – abzeichneten. Sangre azul, «blaues Blut», sollen die Mauren dieses äussere Zeichen vornehmer Herkunft genannt haben.

Dass sich Blutgefässe auf der Haut blau abzeichnen, hat damit zu tun, dass rotes Licht langwelliger ist, tiefer ins Gewebe eindringt und stärker absorbiert wird als blaues Licht. Blau hat eine kürzere Wellenlänge, wird stärker reflektiert und lässt so Blutgefässe bläulich erscheinen. Ganz besonders beim Adel, dessen Schönheitsideal eine vornehme Blässe war, ganz im Gegensatz zu dem auf dem Feld gebräunten Bauern.

Das Schönheitsideal hat sich gewandelt. Die Redensart vom Blauen Blut ist geblieben. Doch ob der Ausdruck tatsächlich auf das maurische Spanien zurückgeht, ist ungeklärt; Quellen dafür gibt es keine. Fest steht indessen, dass es blaues Blut tatsächlich gibt – bloss nicht bei Menschen, sondern bei Krebsen, Kraken, Skorpionen, Schnecken und Spinnen. Bei ihnen wird der Sauerstoff nicht von Hämoglobin gebunden wie bei Wirbeltieren, sondern von zwei Kupfer-Ionen in einem Proteinkomplex mit dem Namen Hämocyanin. Und Hämocyanin wird mit gebundenem Sauerstoff tatsächlich tiefblau.

Bonus

Lass einen Menschen für dich arbeiten, gib ihm ein ordentliches Gehalt, und für Extraleistungen biete ihm einen Extrabatzen. Du wirst sehen: Er arbeitet härter und besser. Dieser Batzen heisst «Bonus», lateinisch für «gut», und das Prinzip ist so etwas wie ein Axiom der Betriebswirtschaft. Im Jahr 2002 wollte es der amerikanische Verhaltensökonom Dan Ariely genau wissen und beschloss, die Wirkung von Prämien auf die erzielte Leistung präzise zu messen. Weil ein solches Experiment bei Boni in der Höhe von Tausenden, wenn nicht Millionen von Dollars aber unbezahlbar geworden wäre, verlegte er es kurzerhand in den tiefsten Süden Indiens.

Ariely und seine Studenten boten den Bewohnern kleiner Bauerndörfer bis zu 2400 Rupien für den Fall, dass sie sechs Gedächtnis- und Geschicklichkeitsaufgaben ganz besonders gut lösten, je besser das Ergebnis, desto höher der Bonus. 2400 Rupien! In einer Region, in der die Menschen ihren Lebensunterhalt mit monatlich 500 Rupien bestritten, war das ein wahres Vermögen. Doch nicht allen wurde derselbe Betrag in Aussicht gestellt. Die unterste «Gehaltsstufe» sah maximal 24 Rupien vor, die mittlere 240 Rupien. Die 2400 Rupien versprachen die Forscher nur den Versuchsteilnehmern der höchsten Klasse.

Das Ergebnis war ein Paukenschlag. Nicht die Dagobert Ducks mit dem höchsten Gewinn vor Augen erbrachten die höchsten Leistungen, sondern vielmehr die Donalds der untersten und mittleren Stufe. Der Riesenbonus der Dagoberts erwies sich als kontraproduktiv: Die Bauern hatten statt auf die Aufgabe ganz einfach viel zu sehr aufs Geld geachtet.