Zehnt

Der Zehnt ist die älteste Steuer der Geschichte. Und dass es 10 Prozent der landwirtschaftlichen Erträge sein sollten, steht schon in der Bibel:

Von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben,

verspricht Jakob, nachdem er im Traum die Himmelsleiter und die auf- und absteigenden Engel gesehen hat. Der Zehnt war seit jeher in vielen Kulturen bekannt und wurde vom frühen Christentum übernommen. Der Kirchenzehnt war für den Unterhalt des Pfarrers bestimmt, später zusätzlich auch des Bischofs, für Kirchenverwaltung, Schul- und Armenwesen. Im Jahr 1140 legte der in Bologna lehrende Kirchenrechtler Gratian erstmals ein formelles Regelwerk für den Zehnten fest.

Der Zehnt, das waren längst nicht immer 10 Prozent. Je nach Qualität des Ackerlandes konnte er bis zu einem Drittel betragen; gelagert wurde er in den sogenannten Zehntscheunen, nach der Kirche oft das grösste Gebäude im Dorf. Beim Erfinden von Zehnten war die Kirche ziemlich kreativ. Es gab den Grosszehnten auf Getreide und Grossvieh, den Kleinzehnten (andere Feldfrüchte), den Fruchtzehnten (Obst, Gemüse), den Weinzehnten, den Heu-, Holz- und Fleischzehnten. Auf frisch gerodetes Ackerland stand der Neubruchzehnt, auf Bergwerke der Bergzehnt, neue Kreuzzüge wurden mit dem (zeitlich befristeten) Kreuzzugszehnt finanziert.

Mit dem Einmarsch Napoleons 1798 wurde der Zehnte kurzzeitig abgeschafft, nur um kurz darauf aufs Neue eingeführt zu werden. Seine endgültige Ablösung durch staatliche Steuern zog sich über Jahrzehnte hin und verlief, ganz nach gutschweizerischer Manier, von Kanton zu Kanton verschieden.

Zwetschge

In einem Schweizer Obstgarten stehen Kirsch-, Apfel- und Birnbäume – und ganz bestimmt ein Zwetschgenbaum. Dieser Tage erfreut sich der grosser Beliebtheit: Am Ende des Sommers werden die Zwetschgen geerntet, und einer alten Schweizer Tradition zufolge kommt am eidgenössischen Buss– und Bettag, dem jeweils dritten Sonntag im September, ein Zwetschgenkuchen auf den Tisch.

Was wir da zwar mit viel Genuss, aber wenig Wissen verzehren, ist ein eigentliches Wunderwerk der Natur. Der Baum zählt wie alle anderen Obstbäume zur grossen Familie der Rosengewächse. Zwetschgenholz ist dunkel und hart – die Farbe geht dabei von dunklen Brauntönen bis ins Violette – und eignet sich ausgezeichnet für Schmuck, Einlegearbeiten oder Musikinstrumente. Die Zwetschge, je nach Region auch Quetsche oder Bauernpflaume genannt, ist etwas spitzer, fester und kleiner als die eng verwandte Pflaume. Und der Zwetschgenkern lässt sich wesentlich leichter aus dem Fruchtfleisch lösen. Zwetschgen sind natürliche Abführmittel, und sie enthalten eine Menge Beta-Carotin und Kalium. Ihre Haut ist glatt und hat einen Belag, den so genannten Duftfilm, der aus einem natürlichen Wachs besteht.

Das Rezept für einen Zwetschgenkuchen nach Schweizer Art ist denkbar einfach: Teig, reichlich Zwetschgen, dazu Rahm, Eier, Zucker und geriebene Haselnüsse. Allerdings: Mit dem Namen ist das schon schwieriger. Das Wort Zwetschge kommt, genau wie das englische damson, vom lateinischen prunus damascunum, auf Deutsch Damaszenerpflaume. Damaskus war das antike Zentrum des Pflaumenhandels. Im zweiten Jahrhundert vor Christus kam die Zwetschge von Syrien über Griechenland nach Europa.

Und seither, am Ende des Sommers, auch hierzulande auf den Tisch.