Alle Beiträge von twb

Cyanometer

Ein Cyanometer ist ein einfacher Ring aus Karton. Seine Segmente zeigen, von hell bis dunkel, alle möglichen Blautöne an. Hält man das Cyanometer gegen den Himmel, findet man stets ein Blau, das zur aktuellen Himmelsfarbe passt.

Erfunden hat das Cyanometer der Genfer Naturforscher Horace Bénédict de Saussure in den 1760er-Jahren. De Saussure erkannte, dass der Blauwert auf den Wassergehalt der Luft schliessen lässt: Je blauer der Himmel, desto weniger Dampf, je weisser, desto mehr. De Saussure trug die Blautöne mit Wasserfarbe auf insgesamt 53 Papierstreifen auf, die er auf einen Pappring klebte, von weiss, das de Saussure mit «0» bezeichnete, über alle Blautöne hinweg bis hin zu schwarz , das den Wert «52» trug.

Solche Cyanometer pflegte de Saussure an befreundete Wissenschaftler abzugeben mit dem Ziel, das Himmelsblau an möglichst vielen verschiedenen Orten zu ermitteln. Tatsächlich trug der junge Alexander von Humboldt 1802 ein solches Cyanometer bei sich, als er in Ecuador den 6263 Meter hohen Chimborazo bestieg, der damals als höchster Berg der Erde galt. Der Aufstieg war beschwerlich, und die Alpinisten kämpften mit der Höhenkrankheit. Erst auf dem Gipfel klarte das Wetter auf und gab den Blick frei auf das dunkelste Blau, das bis dahin je gemessen wurde: 46 Grad auf dem Cyanometer.

Das Blau des Himmels messen kann heute jedermann: De Saussures Cyanometer gibt’s, ganz einfach, als App.

Meton-Zyklus

Der Astronom Meton lebte im 5. Jh. v. Chr. in Athen. Von ihm ist wenig bekannt – ausser dass er den nach ihm benannten Meton-Zyklus beschrieb, der ein astronomisches Rätsel löste. Mit dem Mond ist es nämlich so eine Sache: Seine Phasen lassen sich schlecht mit dem Kalenderjahr in Einklang bringen. Genau wie heute beruhte das Jahr im alten Griechenland auf dem Lauf der Sonne und hatte, etwas anders als heute, zwölf Monate zu 30 Tagen plus fünf Zusatztage. Ein Mondmonat dagegen, das ist die Zeit von Neu- bis Neumond, dauert rund 29,5 Tage, so dass sich die Kalender- und die Mondmonate immer leicht gegeneinander verschieben.

Astronomen hatten nun herausgefunden, dass 19 Jahre und 235 Mondphasen fast haargenau gleich lang sind. 19 zu 235 – mit diesem Meton-Zyklus liessen sich Sonnen- und Mondkalender endlich präzise miteinander in Beziehung bringen.

Allerdings nur fast: Ein Jahrhundert später stellten Wissenschaftler nämlich fest, dass vier Meton-Zyklen – also 76 Jahre – um einen Tag zu lang sind. Ohne diesen überschüssigen Tag ergab sich so neu ein Jahr von 365¼ Tagen – und das hiess nichts anderes, als dass man einmal in vier Jahren einen zusätzlichen Schalttag einfügen musste. Julius Cäsar höchstpersönlich übernahm diesen vierjährlichen Schalttag, und so ist es Cäser – und davor dem Griechen Meton – zu verdanken, dass der Februar in Schaltjahren 29 Tage hat.

Teebeutel

«Abwarten und Tee trinken», pflegen wir zu sagen – und vergessen dabei, dass man beim Warten eigentlich noch gar nichts trinken konnte, denn nach dem Ziehenlassen musste man den Tee erst noch absieben. Dass das Teetrinken bequemer – und schneller – geworden ist, verdanken wir den beiden Erfinderinnen Roberta Lawson und Mary McLaren aus Milwaukee, Wisconsin. Die beiden waren es leid, jedesmal den restlichen, schal gewordenen Tee wegzugiessen und sich über die Verschwendung zu ärgern. Ihr neuartiger «tea leaf holder» (auf Deutsch «Teeblatthalter») sollte das ändern: Ein kleines Säckchen aus dünnem Baumwollstoff, das Tee für genau eine Tasse enthielt, liess sich bequem mit Wasser übergiessen – convenience ohne foodwaste, würden wir heute sagen.

Die ersten kommerziellen Teebeutel von 1904 waren noch handgenäht, doch so richtig Fahrt nahm die Idee auf, als der Teehändler Thomas Sullivan seinen kostbaren Tee in platzsparende Seidenbeutel abpackte. Seine Kundinnen aber tauchten die Beutel gleich so ins Wasser, in der Annahme, das sei von Sullivan so vorgesehen.

Wahre Teekenner haben für die Beutel nur Verachtung übrig. Und doch landen die jährlich rund 30 Millionen Tonnen Tee zum grossen Teil in Teebeuteln. Die bestehen längst nicht mehr aus Baumwolle, sondern meist aus den Fasern der Blätter einer ostasiatischen Bananenart namens Abacá. Und auch genäht wird nichts mehr: Teebeutel werden, ohne Verwendung von Klebstoff, nach dem Abfüllen maschinell gefaltet.

Palast

Das antike Rom wurde auf sieben Hügeln erbaut, einer davon ist der 10 Hektar grosse und 51 Meter hohe Palatin. Seinen Namen hat er, so nehmen Sprachforscher an, vom römischen Hirtengott Pales. Auf dem Palatin hat Romulus angeblich die Stadt gegründet, hier standen Tempel, hier liessen Patrizier und Konsuln ihre Villen bauen und nach ihnen die Kaiser Augustus, Tiberius und Nero. Der Palatin war das exklusivste Villenviertel der Stadt.

Als Synonym für «herrschaftliche Residenz» wanderte der Name «Palatin» in die europäischen Sprachen ein und wurde zu palais, palace, palazzo – und im Deutschen als erstes zur Pfalz. Die über 350 deutschen Pfalzen waren Schlösser und Burgen für die reisenden Könige, Kurfürsten, Herzöge und Bischöfe. Viel später wurde dasselbe Wort «Palatin» ein zweites Mal entlehnt, und dieses Mal wurde daraus «Palast».

Ein Palast ist nicht nur der Inbegriff unermesslichen Reichtums, er ist auch ein Zeichen der Macht. Es war daher kein Zufall, dass die französische Revolution 1793 ihr Tribunal im früheren Pariser Königspalais einrichtete und dieses umbenannte in «Palais de la Justice». 180 Jahre später liess die DDR ihr Parlamentsgebäude in Berlin auf dem Gelände des kaiserlichen Stadtschlosses bauen und nannte es machtbewusst «Palast der Republik». Die Schweiz ist da bescheidener: Hier ist «Palace» höchstens der Name für ein – zugegebenermassen luxuriöses – Hotel.

Makulatur

Flecken sind lästig. Kleider lassen sich waschen, doch Papier machen sie unbrauchbar. Der Abdruck einer Kaffeetasse, ein Druckfehler, eine falsche Formatierung machen aus Papier Ausschuss, und den nennt man «Makulatur», von lateinisch macula, «der Fleck». Weil Papier aber kostet, wird Makulatur oft weiterverwendet, denn in der Regel ist da ja immer noch die leere Rückseite.

Makulatur entsteht aus vielen Gründen. Werden im Buchdruck Fehler zu spät entdeckt, werden die Druckbogen zu Makulatur, ebenso wie Werbebriefe, Zeitungen, Akten und sogar ganze Bücher, die nicht mehr aktuell und damit wertlos geworden sind. Makulatur nennt man deshalb auch Gesetze oder Verträge, die nicht eingehalten werden und daher überflüssig sind.

Mit Makulatur lässt sich eine Menge anstellen. Im Mittelalter wurden mit altem Pergament oder Papier Buchdeckel verstärkt – wird heute ein alter Band restauriert, kommt die Makulatur wieder zum Vorschein, eine wahre Fundgrube für die Wissenschaft. Auch beim Tapezieren war Makulatur nützlich: Das Papier reduzierte die Saugfähigkeit der Wand und glich Unebenheiten aus. Beim Renovieren findet man deshalb unter den abgeschossenen Tapeten oft Zeitungspapier aus vergangenen Zeiten.

Auf dem Bau wird Makulatur auch heute noch gebraucht, so viel sogar, dass sie in Rollen eigens hergestellt wird. Für ganz besondere Wandbeläge gibt’s sogar Flüssigmakulatur aus Kleister und Füllstoff. Die wird mit der Bürste aufgetragen, damit am Ende alles glatt läuft.