Teigtaschen

Dem wahren Feinschmecker sind sie ein Graus: die Ravioli. Das liegt weniger am Gericht als vielmehr an seiner Verpackung: Seit Generationen gibt es sie, in eintöniger Tomatensauce schwimmend, in Dosen zu kaufen; kurz aufgewärmt, ergeben sie eine hastige Mahlzeit.

Ravioli, diese kulinarischen Einwanderer aus Italien, sind also Fastfood? Von wegen. Teigtaschen aus Hefe, Blätter- oder Nudelteig und mit Gemüse-, Fisch- oder Fleischfüllung sind auf der ganzen Welt heimisch. Ihre Zubereitung ist simpel: Der Teig aus Mehl oder Hartweizengriess, Wasser, Salz und Ei wird flach ausgerollt und zugeschnitten. Jeder Teil wird mit der gewünschten Füllung belegt, mehr oder weniger kunstvoll geschlossen und danach gekocht, gedünstet, gebraten oder frittiert. Das Ergebnis heisst dann je nach Weltengegend Krapfen, Maultaschen, Tortelloni, Kreplach, Piroggen, Empanadas, Pelmeni, Boraki, Wareniki oder Pow. Alle sind sie ein bisschen anders und doch ein bisschen gleich, denn allen ist gemeinsam, dass man von aussen nicht erkennen kann, was drinsteckt.

Und das ist Absicht. Denn zum einen lassen sich so patent die Reste vom Vortag verarbeiten, und zum anderen verbirgt die Tarnung aus Teig diskret, dass die Zutaten nicht zwingend von der allerbesten Qualität zu sein brauchen. Und dann gab es noch diesen einen, ganz besonders gewichtigen Grund: An Freitagen durften fastende Katholiken im Gedenken an den Karfreitag, den Hinrichtungstag Jesu Christi, kein Fleisch essen. Teigtaschen machten es möglich, sich selbst im Kloster hemmungslos der Fleischeslust hinzugeben. Im Schwabenland heissen die Maultaschen daher treuherzig «Herrgottsbscheisserle».

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