Ums Jahr 825 schrieb der persische Gelehrte Mohammed al-Chwarizmi ein Werk über das Rechnen mit den indischen Ziffern von 0 bis 9. Das Büchlein hiess al-Jebr, woraus unser Wort «Algebra» entstanden ist. Darin führte al-Chwarizmi vor, wie sich Gleichungen mit Unbekannten elegant lösen lassen. Alle Werte wurden nicht mit Symbolen, sondern mit Worten ausgedrückt; die unbekannte Grösse nannte al-Chwarizmi stets شيء [∫a’i], was auf Arabisch ganz einfach «Sache» bedeutet.
Das indisch-arabische Zahlensystem war dem der alten Römer, das in Europa noch immer in Gebrauch war, weit überlegen und fand seinen Weg nach Spanien. Hier stiessen die Übersetzer auf ein Problem: Im Hochspanischen kam der Laut [∫] nicht vor, und so griffen die Schreiber der Not gehorchend zum griechischen Buchstaben Chi, der äusserlich unserem X ziemlich ähnlich sieht. Um auch ausserhalb Spaniens verstanden zu werden, musste die arabisch-spanische Algebra ein weiteres Mal übersetzt werden: diesmal ins Lateinische, die internationale Sprache der Wissenschaft. Und weil das griechische Chi im Lateinischen keine Entsprechung hat, schrieb man es fortan als X.
«Project X», «The X-Files»: Wenn wir also zum x-ten Mal einen Film sehen, der ein X im Titel trägt, dann wissen wir jetzt, warum: weil man in Spanien das [∫] nicht aussprechen kann.