In Wiesloch, einem Städtchen in Baden-Württemberg, begann der 3-PS-Motor zu stottern. Man schrieb das Jahr 1888, am Steuer sass Bertha Benz, Ehefrau des Konstrukteurs, und der Tank der dreirädrigen Motorkutsche war leer. Tatsächlich gab es in der Stadt-Apotheke sogenanntes «Ligroin», ein Leichtbenzin, das Hausfrauen zum Entfernen von Flecken benutzten. Mit diesem «Ligroin» füllte Bertha Benz den Tank ihres Benz Patent-Motorwagens Nummer drei und fuhr weiter. Damit ging die Apotheke von Wiesloch in die Geschichte ein: als erste Tankstelle der Welt.
Tankstellen im modernen Sinn – Tanks, Pumpenanlage, Zapfsäulen unter schützendem Dach – entstanden erst in den 1910er-Jahren, und mit ihren hell beleuchteten Säulen strahlten sie Wohlstand und Weltläufigkeit aus. Kein Wunder, dass die Tankstelle bald auch die Kunst anzog: Das Gemälde «Gas» des New Yorker Malers Edward Hopper zeigt die Tankstelle im Abendlicht, in der Bildmitte der Tankwart, an einer der knallrot lackierten Zapfsäulen stehend, in weissem Hemd, Krawatte und Seidenweste.
Die Tankstelle als Inbegriff der Zukunft rückte 1967 der deutsch-amerikanische Architekt Ludwig Mies van der Rohe ins Zentrum: Die Konstruktion, in Montréal für den Esso-Konzern gebaut, ist flach, langgestreckt, und besteht aus für Mies und das Bauhaus typischen strengen, geometrischen Formen – ein frei tragendes Dach auf Stahlpfeilern, zwei glasverkleidete Kuben für Verkaufsraum und Garage, als Kassenhäuschen eine Glasbox. Mies’ zeitlose Eleganz galt nicht bloss einer Zapfstelle: Seine Tankstelle – 2008 stillgelegt, heute ein Begegnungszentrum – war nichts weniger als eine Pilgerstätte des mobilen Menschen.