Vor fünf Jahren waren Social Media noch esoterischer Slang blasser Informatikgurus. Heute sind sie Alltag: Facebook und Twitter sind längst, was der Antike das Forum und dem Mittelalter der Marktplatz war. Nur der Begriff «Social Media» führt in die Irre. Denn sozial waren die Neuen Medien selbst dann schon, als es sie noch gar nicht gab.
Als nämlich 1989 der damals 33-jährige Wissenschaftler Tim Berners-Lee am Cern in Genf auf nur 12 Seiten das skizzierte, was wir heute Web nennen, nahm er Facebook & Co. glatt vorweg: Jedermann sollte, so seine Vision, Inhalte frei kommentieren und Links hinzufügen können. Das war, schon 1989 und Jahre vor dem ersten Webserver, die Urmutter dessen, was wir heute «posten», «liken», «twittern» oder «followen» nennen.
Sozial war das Web also von Anfang an, selbst dann, als es nicht länger nur eine Sache für Forscher, sondern für die ganze Welt war. Der Renner von Homepages der ersten Stunde waren die Gästebücher, weil sie einen öffentlichen Austausch zuliessen, und als 2002 ein anderer Visionär, der 26-jährige Philosoph Stewart Butterfield, mit flickr.com eine Plattform ins Netz stellte, auf der jedermann nach Belieben nicht nur seinen Senf, sondern auch Bilder dazugeben konnte, hatte er nicht einfach ein gigantisches Fotoalbum erfunden, sondern ein soziales Netzwerk der ersten Stunde. Facebook und Twitter, die heute für die ganz grossen Schlagzeilen sorgen, kamen erst später.
Der Mensch ist ein durch und durch soziales Wesen, und mediale Litfasssäulen, gedruckt und gesendet, gibt es genug. Das Web kann gar nicht anders, als sozial zu sein.