Perücke

Perücken werden seit Jahrtausenden getragen, von Männern wie Frauen – im alten Ägypten, im alten Griechenland, im alten Rom. So richtig in Mode kam die Perücke aber im Barock, nicht aus modischen, sondern medizinischen Gründen. Mit einer künstlichen Haartracht liessen sich nämlich die kahlen Stellen verdecken, die auf durch Syphilis verursachten Haarausfall zurückzuführen waren – oder aber auf die brachiale Behandlung der Krankheit mit Quecksilber. Ausserdem war eine Perücke warm, was in den schlecht beheizten, zugigen Schlössern des 17. Jahrhunderts durchaus angenehm war.

Vorreiter der Perücke bei Hofe war, seines schütteren Haars wegen, Frankreichs König Ludwig XIV. Schon 1656 entstand in Paris die erste Perückenmacherzunft, und die grosse Allongeperücke mit ihren üppigen, mehr als schulterlangen Locken, wie sie auf barocken Gemälden zu sehen ist, wurde zum Statussymbol und zum Zeichen der Zugehörigkeit zur höfischen Gesellschaft.

Ohnehin war die Perücke nicht für jedermann gedacht. Die kunstvoll aus Pferde- oder Ziegenhaar gemachten Haarteile waren kostspielig, und sie mit Mehl weiss zu pudern, blieb dem Adel vorbehalten. Unteren Schichten mit ihren einfacheren, kurzen Stutzperücken war das Pudern verboten.

Heute dient die Perücke vor allem dem Kaschieren einer Glatze, oder aber sie ist Teil des jüdischen Glaubensbekenntnisses. Weil offenes Haar als etwas ausgesprochen Sinnliches gilt, gebietet die Tora, dass verheiratete Frauen ihr Haar bedecken – mit einem Hut, einem Kopftuch namens Tichel oder dem Scheitel, jiddisch für «Perücke».