Der Desktop ist auf Deutsch die Schreibtischplatte. Als Fachbegriff ist das Wort längst kein Fremdwort mehr – so heisst nämlich auch die Bildschirmfläche unseres Computers, auf der sich Programme und Dokumente ablegen lassen. Zwar prangt in einer Ecke stets der unvermeidliche Papierkorb, aber über diesen doch etwas realitätsfernen Umstand sehen wir grosszügig hinweg. Denn der Desktop ist eben kein richtiger Arbeitsplatz, sondern vielmehr ein graphical user interface. Das könnte ja auch ganz anders aussehen: In den Anfängen des Computers bestand es aus reinem Text, und der Papierkorb war ein dürrer Befehl namens rm (für remove) oder del (für delete).
Dann erkannten die Entwickler, dass sich nicht der Mensch dem Computer anpassen müsse, sondern umgekehrt. In den 1970-er Jahren entwickelte der Informatiker Alan Kay bei der kalifornischen Xerox-Tochter Parc die so genannte «Schreibtischmetapher» mit ihren gegenständlichen Piktogrammen: Notizblock, Aktenordner, Bleistift, Taschenrechner. Der Computer, bisher Werkzeug der Wissenschaft, sollte personal werden, und Kays Absicht war es, dieser abstrakten Welt des Digitalen ein sinnliches, intuitiv verstehbares Gesicht zu geben. Und so haben wir uns, Steve Jobs und Mac OS sei Dank, jahrzehntelang durch Büropuppenstuben geklickt, wo wir doch eigentlich arbeiten sollten.
Apps statt Programme, Inhalte statt Dateien, Tippen statt Klicken, Wischen statt Scrollen: Erst jetzt entwickeln Tablets und Smartphones neue Bedienungskonzepte. Auch das Nachahmen natürlicher Materialien, das Fachleute auf Griechisch «Skeuomorphismus» nennen –, ist zunehmend verpönt. Und so wird der Schreibtisch allmählich wieder zum Möbelstück, das er immer war.