Eine einzige Silbe, aber beileibe nicht einsilbig: Ciao ist der kumpelhafte, herzliche Gruss, dessen italienische Wurzel längst zum Exportschlager geworden ist. Mit ciao grüsst man in halb Europa, in der Grande Nation und auf dem gesamten amerikanischen Kontinent. Als Formel in kubanischen Briefen macht ciao mittlerweile sogar dem traditionellen adiós den Rang streitig.
Der freundliche Gruss hat seinen Ursprung im Venedig des Mittelalters. Händler und Seefahrer pflegten einander mit sciào vostro zu begrüssen, was nichts anderes als «ich bin Ihr Sklave» heisst – in der Bedeutung: Wenn Du mich jemals brauchen solltest, dann kannst Du auf mich zählen. Sono il vostro schiavo: Diese Sklaverei als Gruss ist im übrigen nichts Ungewöhnliches. Wenn sich Österreicher oder Bayern mit servus verabschieden, nehmen sie genauso das lateinische Wort für «Sklave» in den Mund.
Dennoch: Dass unser freundliches ciao aus Venedig kommt, muss noch lange nicht heissen, dass die einst blühende Republik durch ausgesuchte Höflichkeit zu Macht und Gold gekommen wäre. Dafür verantwortlich war vielmehr der Handel mit Schiffen, mit Tuch, Seide, Glas, Salz, Pfeffer – und mit den schiavi, die dem Gruss zu Gevatter standen: den Sklaven, die von hier aus zu Abertausenden ins muslimische Spanien, nach Ägypten und Asien exportiert wurden.
Noch etwas: Wenn wir uns mit tschüss verabschieden, dann hat das mit Sklaverei nichts zu tun. Tschüss kommt vom lateinischen ad deum – spanisch adiós und niederdeutsch adjüs – und heisst ganz einfach «zu Gott».