Bankomat

Luther George Simjian, 1905 im Osmanischen Reich geboren und im Zuge der türkischen Verbrechen an den Armeniern von seinen Eltern getrennt, ist in den Zehnerjahren einer von zahllosen armenischen Flüchtlingen. Nach einer Odyssee über Beirut und Marseille kommt er bei Verwandten in New Haven, Connecticut, unter. Schon immer hat Simjian davon geträumt, Arzt zu werden. Zwar schafft er es tatsächlich an die medizinische Fakultät der Universität Yale, doch nicht als Student, sondern vielmehr als Laborfotograf. Seiner Karriere steht das nicht im Weg, bloss wird er nicht Arzt, sondern Erfinder und Unternehmer.

Und was für einer. Seine wohl folgenreichste Erfindung ist der Bankomat, den er 1939 entwickelt und nach dem englischen Wort für «Kassierer» Automated Teller Machine nennt – tatsächlich heisst der Bankomat auf Englisch bis heute «ATM». Der Prototyp funktioniert tadellos, und Simjian meldet über 20 Patente an. Indes: Die Banken begegnen dem neuartigen Gerät mit grossem Misstrauen. Es kostet Simjian viel Überredungskunst, und erst 1961, gut zwanzig Jahre später, willigt die «City Bank of New York» in einen Probebetrieb ein.

Der ist ein Fehlschlag. Nach nur sechs Monaten wird das Testgerät wieder abgebaut.

Es sieht so aus, dass ein paar Prostituierte und Glücksspieler, die nicht von Angesicht zu Angesicht mit Kassierern zu tun haben wollten, die einzigen Benutzer waren,

schreibt Simjian resigniert. Es sind schliesslich andere Unternehmer und andere Konstruktionen, die dem Bankomaten zum Erfolg verhelfen, und Erfinder Simjian geht leer aus. Aber sein automatischer Bankbeamter ist heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken.

Barcode

Lange gab es nur die Registrierkasse. Die druckte einen Beleg für den Kunden und führte dazu ein Journal, das alle Beträge aufzeichnete. Bloss: Was genau verkauft worden war, das wussten abends weder die Kasse noch der Chef. Einer dieser Chefs sprach deshalb 1948 beim Dekan der privaten Drexel University in Philadelphia vor. Ob es denn keine Möglichkeit gebe, nicht nur die Preise, sondern auch Produktinformationen zu erfassen.

Der Professor war ratlos, doch zwei Ingenieursstudenten, Norman Joseph Woodland und Bernard Silver, hörten mit – und dachten nach. Ihr erster Einfall, ein gedrucktes Morsealphabet, führte zu nichts. Am Strand in Florida grübelte Woodland weiter. Er zeichnete Morsezeichen in den Sand – Punkte und Striche – und verlängerte sie mit dem Finger nach unten. Diese dicken und dünnen Linien müssten sich doch eigentlich maschinell auslesen lassen. Woodland und Silver druckten Strichcodes und bauten erste Lesegeräte, und 1949 war der Barcode geboren.

Bloss wollte anfänglich niemand etwas davon wissen. Als eines der ersten Unternehmen führte die Migros 1968 erste Versuche mit aufgedruckten Barcodes durch – und gab sie, wie andere auch, bald wieder auf. Erst als die US-Supermarktkette Walmart in den 70er-Jahren Druck auf die Produktehersteller ausübte und erste Scannerkassen gebaut wurden, kam der Barcode in Schwung.

Den kann übrigens nicht nur die Kasse lesen. Die Zahl unter den Balken ist einmalig und steht für das Produkt. Die ersten Ziffern verraten, woher dieses kommt: 00 bis 09 steht für die USA und für Kanada, 76 für die Schweiz und Liechtenstein.

Bildschirmschoner

Mit den Kathodenstrahl- oder Plasmabildschirmen der Achtzigerjahre gab es ein Problem: Zeigten sie lange Zeit ein und dasselbe Bild an, brannte sich dieses ein. Das Phosphor der bestrahlten Pixel nutzte sich ab, was die fluoreszierende Schicht beschädigte und eine Art dauerhaftes Phantombild hinterliess.

1983 wurden daher erste «Screensaver» programmiert, die dieses Einbrennen verhinderten und dazu die Daten mit einem Passwort schützten. Blieb der Computer eine Zeitlang unbenutzt, aktivierten sich diese Bildschirmschoner und begannen, kleine Animationen über den Bildschirm zu bewegen. 1989 kam die beliebte Sammlung von Bildschirmschonern namens «After Dark» auf den Markt. Die User hatten eine ganze Reihe von Sujets zur Auswahl, deren wohl bekanntestes die surrealen «Flying Toasters» waren: Von oben rechts glitten zufällig verteilte Toaster elegant flügelschlagend nach unten, dazwischen flogen appetitlich gebräunte Toastbrotscheiben. «Ich ging ziellos durchs Haus und in die Küche», erinnert sich Entwickler Jack Eastman, der sich damals meist nachts das Programmieren beibrachte.

In der Küche sah ich den Toaster stehen, und mein übermüdetes Hirn brachte daran Flügel an.

Die «Flying Toasters» wurden ein Renner, und Eastman bestand darauf, dass sich nicht nur Anzahl und Tempo von Toast und Brot einstellen liess, sondern sogar, wie beim richtigen Toaster, der Bräunungsgrad.

Heutige Bildschirme brauchen in der Regel keine Bildschirmschoner mehr. Für Nostalgiker aber gibt’s die fliegenden Toaster noch immer – als Progrämmchen wie ehedem, oder aber als Anleitung zum Selberprogrammieren.

Birkenpech

Eine Pfeilspitze und ein hölzerner Schaft, ein Tonkrug in Scherben: Wann immer in der Steinzeit etwas haften sollte, musste Birkenpech her. Birkenpech war der Superkleber der Urzeit: Schon vor mehr als 200 000 Jahren, das zeigen Funde aus Norditalien, verleimten Neandertaler mit Birkenpech alles, was lange halten sollte. Auch die Ritzen von Kanus wurden damit abgedichtet, und selbst Ötzi, der als Gletschermumie aufgefundene Jäger aus der Kupferzeit, fixierte die Feuersteinspitzen seiner Pfeile in der Nut der Holzschäfte mit dem teerartigen, schwarzen Destillat.

Birkenpech herzustellen war alles andere als einfach. Für das «Pyrolyse» genannte Verfahren braucht es Birkenrinde und grosse Hitze. Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass sich Birkenpech nur in einer luftdicht versiegelten Brennkammer und bei Temperaturen von ziemlich genau 350 Grad herstellen lässt – was darauf schliessen liesse, dass Neandertaler und Steinzeitmenschen über ein erstaunliches Wissen verfügt haben; die Entwicklung eines solch komplexen Verfahrens allerdings blieb stets ein Rätsel. Nun aber haben aktuelle Versuche gezeigt, dass es auch viel einfacher geht: Ein Forscherteam der Uni Tübingen hat nachgewiesen, dass es ausreicht, Birkenrinde bei Temperaturen von mehr als 200 Grad unmittelbar am Fuss senkrecht aufgestellter, glatter Steinflächen zu verbrennen. Nach drei Stunden lässt sich dann eine brauchbare Menge an Birkenpech abschaben.

Das allerdings schmälert die Leistung der Urzeit-Ingenieure in keiner Weise: Birkenpech ist nicht nur ein natürlicher, bärenstarker Universalkleber, sondern auch der allererste Kunststoff der Menschheit.

Blackberry

Eigentlich war es ja einfach ein erster Arbeitstag, wie wir ihn alle schon erlebt haben. Nur dass wir nicht Barack Obama heissen und nicht den Job des US-Präsidenten bekommen haben.

Und darum schrieb die Weltpresse auch nicht über uns und unser Handy, sondern über Barack Obama und sein geliebtes Blackberry. Oder besser: über sein früheres Blackberry. Für nicht Eingeweihte: Blackberry ist der Hersteller von Handys der Spitzenklasse – mit E-Mail, Internet und vielem mehr.

Doch Barack Obama musste sich von seinem Blackberry verabschieden. Der Entzug wird Obama schwer getroffen haben – die amerikanischen Medien hatten schon lange über eine veritable Blackberry-Sucht des neuen Präsidenten spekuliert – aber er musste sein.

Da ist einmal die Sicherheit: Wenn es Hacker bereits schaffen, in die Computer der Nasa, der US Air Force, ja selbst des Weissen Hauses einzudringen, dann ist ein Blackberry einfach nicht sicher genug. Aber da ist noch ein anderer Grund: ein Gesetz aus dem Jahr 1978, der Presidential Records Act. Dieses Gesetz schreibt vor, dass jedes Fitzelchen Korrespondenz eines amerikanischen Präsidenten archiviert und für die Nachwelt aufgehoben werden muss. Mit dem Handy an Archivaren vorbeigeschmuggelte E-Mails, und seien sie noch so privat, sind Obama also sogar per Gesetz verboten.

Schon seinem Vorgänger, George W. Bush, kam der Presidential Records Act in die Quere. Vor seinem Amtsantritt soll sich Bush von seinen Mailfreunden verabschiedet haben mit den Worten: «Das macht mich traurig. Ich habe mich mit jedem von Euch gern unterhalten.» Sein Vorgänger wiederum, Bill Clinton, hatte damit allerdings kein Problem: Clinton benutzte im Weissen Haus nämlich überhaupt keinen Computer.