Velo

Es gibt Worte, bei denen wird einem einfach warm ums Herz. Zum Beispiel beim Wort «Velo». Nur in der Schweiz heisst es so – Deutschland kennt das Fahrrad, das modische Bike, den scherzhaften Drahtesel – nur hierzulande heisst das Ding Velo.

Velo
Velo
Dabei ist Velo die ursprüngliche Bezeichnung – für ein Gerät, das Karl Freiherr von Drais, ein Erfinder der Goethezeit, im Jahr 1817 erfunden hatte. Das Ding war lenkbar und hatte zwei Räder, zwischen denen der Fahrer sass und sich mit den Füssen vom Boden abstiess. Auch wenn Drais sein Gefährt «Laufmaschine» nannte: Die Presse hiess es einfach «Draisine». England war begeistert, und schon 1819 wurden in Ipswich Rennen durchgeführt. In England hiess die eiserne Laufmaschine bald schon velocipede, von lateinisch velox, schnell, und pes, Fuss.

Das schnelle Veloziped war schlechterdings genial: Die nötige Bewegungsenergie ist bei keiner anderen Fortbewegungsart so niedrig wie beim Velo. Eine normale Nabenschaltung erreicht einen Wirkungsgrad von 95 Prozent; moderne Kettenschaltungen erreichen gar noch höhere Werte. Zum Vergleich: Ein normaler Automotor erreicht einen Wirkungsgrad von allerhöchstens 30 Prozent.

Eine so geniale Erfindung schreit geradezu nach Legenden. Eine Skizze auf altem Papier zum Beispiel, die ein Velo mit Kettenantrieb zeigt und angeblich von einem Schüler Leonardo da Vincis stammt, erwies sich als dreiste Fälschung aus den 1970er Jahren.

Dass das Velo im Deutschen nicht mehr Velo heisst, daran sind Sprachpuristen schuld. Im Jahr 1890 übersetzte der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins Otto Sarrazin 1300 störende Fremdwörter ins Deutsche. Und so wurde aus dem ungeliebten Velo das heutige Fahrrad.

In der Schweiz aber wird uns beim Klang des Wortes «Velo» noch immer warm ums Herz. Sei’s aus Heimatgefühl – oder von der Anstrengung.

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