Algorithmus

Algorithmus ist ein Fremdwort, das so fremd ist, dass wir immer wieder darüber stolpern. Zum Beispiel über seine Rechtschreibung: Algorithmus schreibt sich mit i und hat mit Rhythmus (mit y) nichts zu tun.

Das Wort kommt vom Namen des iranischen Universalgelehrten Mohammed al-Chwarizmi. Der schrieb ums Jahr 825 ein Lehrbuch über das Addieren und Subtrahieren mit dem hinduistischen Dezimalsystem, das dem in Europa gebräuchlichen Rechnen mit den römischen Zahlen weit überlegen war. Der Band wurde ins Lateinische übersetzt und beginnt mit den Worten Dixit Algorismi, «Algorismi hat gesagt». Aus diesem Namen wurde unser Algorithmus. Das Hauptwerk des Gelehrten hiess übrigens al-Jebr, woraus unser Wort «Algebra» entstanden ist.

Ein Algorithmus ist im Grunde nichts anderes als ein Berechnungsverfahren zur Lösung einer bestimmten Problemstellung. In der Schule haben wir gelernt, wie man Zahlen schriftlich addiert und subtrahiert – sozusagen al-Chwarizmis Algorithmen der ersten Stunde. Ein algorithmisches Verfahren lässt sich in endlich viele einzelne Schritte unterteilen, die in genau dieser Form und Abfolge auszuführen sind. Bei gleicher Ausgangslage führt ein Algorithmus daher immer zum exakt gleichen Ergebnis. Das Verfahren kann, wie wir aus der Schule wissen, anstrengend und fehleranfällig sein, und damit ist auch gleich erklärt, weshalb der wahre Meister des Algorithmus heute der Computer ist.

So seltsam sie auch heissen, Algorithmen bestimmen unser Leben. Im Computerspiel mischen sie die Karten, sie verschlüsseln unsere Bankdaten, und sie sagen Börse und Wetter vorher. Bei all seiner Klarsicht: Das hätte sich selbst der Visionär in seiner iranischen Oase nie träumen lassen.

Alien

Es gibt zwei Möglichkeiten,

schrieb der britische Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke:

Entweder wir sind allein im Universum, oder wir sind es nicht. Beides ist gleich furchterregend.

Die Vorstellung, da draussen im All könnte es intelligentes Leben geben, hat Menschen immer schon fasziniert und erschreckt. Schon der griechische Philosoph Plutarch hat darüber nachgedacht, ob es Lebewesen jenseits der Erde geben könnte – nicht gar so abwegig in einer Welt, in deren Mythologie es von Göttern und Halbgöttern nur so wimmelte. Über Ausserirdische spekulierte im 16. Jahrhundert auch der Priester und Astronom Giordano Bruno. Weil die von ihm postulierte Unendlichkeit des Weltraums aber keinen Raum für ein Jenseits liess, wurde Bruno im Jahr 1600 wegen Ketzerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Der Gedanke aber blieb, und seit 1695 und Christiaan Huygens‘ Schrift «Weltbeschauer, oder vernünftige Muthmaßungen, daß die Planeten nicht weniger geschmükt und bewohnet seyn, als unsere Erde» zählen Ausserirdische zum festen Inventar von Wissenschaft und Spekulation.

Ob niedlich wie E.T. im Spielfilm von Steven Spielberg, brutal wie die Marsianer und ihre dreibeinigen Kampfmaschinen im Hörspiel von Orson Welles oder grausig wie das Alien in den Filmen von Ridley Scott: Wesen aus der Tiefe des Alls sind ideale Projektionsflächen für menschliche Sehnsüchte und Ängste. In der geheimen Luftwaffenbasis «Area 51» in der Wüste von Nevada, so glauben Verschwörungstheoretiker bis heute, werden abgestürzte Alien-Raumschiffe untersucht – mitsamt ihren (wahlweise toten oder noch lebendigen) Besatzungen.

Alptraum

Herzklopfen, Schwitzen, Hochschnellen aus unruhigem Schlaf: Ein Alptraum haut den stärksten Kerl um.

«Herr Ritter, wurden Sie je vom Alp im Schlafe gepresst?»,

lässt Christoph Martin Wieland im Jahr 1771 seinen Helden Amadis schelmisch fragen. Der Alp ist der sprachliche Urgrossvater des Elfs, und dieser hässliche, haarige Zwerg ist es, der sich alten Vorstellungen zufolge den Schlafenden auf die Brust zu setzen pflegt. Man sprach daher auch gern vom «Alpdruck», der das Atmen erschwert und den Angsttraum auslöst. Ein Gemälde des Zürcher Malers Johann Heinrich Füssli aus dem 18. Jahrhundert zeigt eine schlafende Grazie, auf deren Brust ein bösartig grinsender Kobold thront. Das Bild trägt den Titel «Der Nachtmahr», und tatsächlich ist der Mahr, auf Englisch nightmare, in allen nordischen Sprachen jener Kobold, dessen ganz besonderes Vergnügen es ist, Menschen im Schlaf zu plagen.

Alpträume treten meist in der zweiten Nachthälfte und während einer so genannten REM-Phase auf, jener Phase leichten Schlafs also, in der sich die Augen rasch hin und her bewegen. Häufige Motive sind das Verfolgtwerden oder das Fallen, und eine Beschleunigung des Angsttraums führt meist zum Erwachen. Ursachen für die Fantasien sind laut deutschen Traumforschern nicht nur Stress, sondern auch genetische Veranlagung. Prüfungen, Krankheiten und persönliche Probleme schlagen sich besonders leicht in Alpträumen nieder. Dabei leiden Frauen laut Umfragen doppelt so häufig unter Alpträumen als Männer, ältere Menschen mehr als junge.

Als Gegenmittel empfehlen Psychologen mehr Entspannung im Alltag: Wer tagsüber weniger Stress hat, dem setzt sich so leicht kein Kobold auf die Brust.

Amerika

Amerika, das ist Offenheit, Toleranz und Demokratie. Amerika, das ist auch Enge, missionarischer Eifer und Hegemonie. Amerika, das ist weit mehr als nur ein Name, obwohl es im Grunde tatsächlich nur ein Name ist.

Das Wort ist eigentlich der Vorname des italienischen Seefahrers Amerigo Vespucci. Zwar war Vespucci längst nicht der erste Europäer, der seinen Fuss auf diesen Kontinent setzte (das waren Christoph Kolumbus und vor ihm vermutlich Vikinger), doch hat Vespucci ums Jahr 1500 als einer der ersten erkannt, dass Kolumbus nicht einen neuen Weg nach Indien, sondern etwas ganz anderes entdeckt hatte.

Der Navigator Amerigo Vespucci stand in den Diensten der mächtigen Bankiersfamilie Medici, die ihn als Schiffsausrüster nach Spanien geschickt hatte. Kolumbus’ phantastische Reiseberichte veranlassten ihn, sich 1499 einer aus zwei Schiffen bestehenden Expedition nach Südamerika anzuschliessen. Dort angekommen, dämmerte ihm, dass er nicht in Indien war, sondern auf einem noch unentdeckten Kontinent. In einem Brief an die Medici schreibt Vespucci von einem novus mundus, lateinisch für Neue Welt. Damit prägte er einen Begriff, den wir auch heute noch im Munde führen.

Viermal navigierte Vespucci Schiffe nach Amerika. Und seine Neue Welt brachte die Kartographen in Zugzwang: Wenn die neue Route nämlich nicht nach Indien führte, dann brauchte die Welt des ausgehenden Mittelalters dringend einen neuen Kontinent. Und der, natürlich, einen Namen. Der Deutsche Kartograf Martin Waldseemüller griff anno 1507 zum Nächstliegenden: zum Namen des umtriebigen Navigators. Und damit war Amerika geboren – und Kolumbus’ Fundamentalirrtum korrigiert.

Jedenfalls in geografischem Sinn – ein zweiter Irrtum blieb nämlich bestehen: Die Ureinwohner der Neuen Welt, die nun eben doch nicht Indien war, heissen bis auf den heutigen Tag «Indianer».

Anciennität

Wird ein neuer Bundesrat gewählt, ist ein Traktandum der nächsten Bundesratssitzung ein nicht ganz unwichtiges: Wer tut in den nächsten Jahren was? Wer wird Vorsteherin oder Vorsteher welches Eidgenössischen Departements?

Wie die Antwort ausfällt – ob die Diskussion darüber ruhig oder hitzig geführt wird – darüber herrscht Stillschweigen. Das Vorgehen aber ist bekannt: Der Bundesrat folgt dem so genannten Anciennitätsprinzip: Der Amtsälteste wählt sein Departement als erster, der frisch Gewählte als letzter.

Das Anciennitätsprinzip stammt aus dem Militär: In alten Zeiten stand Offizieren mit der Zeit eine Beförderung zu, massgebend war allein das Dienstalter. So liess sich Konkurrenz vermeiden und der Korpsgeist stärken. Dass das Prinzip andererseits Motivation und Leistungsbereitschaft nicht gerade förderte, das war dann wieder die Kehrseite der Medaille.

Im Bundesrat galt das frühere Militärdepartement lange als Sitz für Anfänger – Kaspar Villiger, später Finanzen; Arnold Koller, später Justiz, Jean-Pascal Delamuraz, später Volkswirtschaft – alle begannen sie ihre Laufbahn im EMD. Noch heute gilt das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) nicht als so genanntes Schlüsseldepartement, auch wenn sein Budget mit viereinhalb bis fünf Milliarden Franken pro Jahr nicht das Kleinste ist.

Wie genau der Bundesrat jeweils die Sitzverteilung vornimmt, steht im Parlamentsgesetz, sechster Titel, Wahlen in den Bundesrat:

Die Sitze werden einzeln und nacheinander besetzt, in der Reihenfolge des Amtsalters der bisherigen Amtsinhaberinnen oder Amtsinhaber. Sitze, für die bisherige Mitglieder des Bundesrates kandidieren, werden zuerst besetzt.